Es gab keinen Grund zur Beschwerde für Thomas Tuchel. Seine Assistenten haben den Auftrag befolgt und die Mannschaft des FC Bayern zum Sieg im ersten Vorrundenspiel der Champions League geführt. Der Chef, der wegen einer Sperre die Partie gegen Manchester United von der Tribüne aus verfolgen musste, dürfte allerdings weit entfernt vom Spielfeld sehr viel aufgeregter gewesen sein als dies Zsolt Löw und Anthony Barry waren. Die gerieten nur bei Toren der Münchner außer Rand und Band. 4:3 besiegten die Bayern am Mittwoch die Engländer und setzten damit ihre Rekord-Serie in der Königsklasse fort.
Es war der 20. Auftaktsieg nacheinander für die Münchner, für die Leroy Sané, Serge Gnabry, Harry Kane und Mathis Tel trafen. Manchester gab trotz ständigen Rückstands nie auf, aber neben den beiden Toren von Casimiro und dem Treffer von Rasmus Højlund blieb dem Gegner nur ein Erfolg bei der Kleiderwahl. Während Löw und Barry beim gewohnten Trainingsanzug geblieben waren, trotz der kurzzeitigen Beförderung zu den verantwortlichen Trainern in dieser Partie, stand Erik ten Hag im dunkelblauen Anzug am Spielfeldrand – und entschied damit die Stil-Wertung für sich.
Der Trainer von Manchester United hatte sich fein gemacht für den Auftritt bei seinem ehemaligen Arbeitgeber. Der Niederländer hatte einst die zweite Mannschaft des FC Bayern trainiert und ließ am Tag vor der Partie in der Münchner Arena wissen, dass er „die Mentalität der Bayern, die Region und vor allem den Verein“ sehr schätze. Seine Mannschaft zeigte zunächst weder Respekt vor den Bayern noch trat sie auf wie ein Verein, der mit einem Flugzeug voll Problemen nach München gereist war. Nichts war zu spüren von einer Krise nach drei Niederlagen in fünf Premier-League-Spielen und von Zwistigkeiten in der Mannschaft. Manchester United spielte mutig und zielstrebig nach vorne und ließ die Münchner Defensive nicht gut aussehen.
Die Bayern wirkten irritiert vom forschen Auftritt des Gegners, immer wieder gab es schlampige Pässe, falsche Laufwege und vor allem fehlte das Tempo. Aber anders als der Rekordmeister von der Insel, der nach vier Minuten die Führung vergab, weil zunächst Facundo Pellestri und dann Christian Eriksen aus kurzer Distanz den Ball nicht über die Linie brachten, nutzten die Münchner die erste gute Chance – und den ersten inspirierten Angriff. Sané zog nach Doppelpass mit Harry Kane ab, der Ball trudelte unter dem Körper von Manchesters Torwart André Onana ins Tor (28. Minute).
Kaum hatte sich der unglückliche Onana von seinem Patzer erholt, musste er schon wieder hinter sich greifen. Musiala hatte sich auf rechts nicht aufhalten lassen, auch gegen zwei Bewacher die Übersicht behalten und zu Serge Gnabry zurückgelegt. Dass der Flachschuss des Münchners unhaltbar war, tröstete Onana kaum.
Eine schmeichelhafte Führung für den FC Bayern, aber mit den beiden Toren innerhalb von vier Minuten befreite sich die Mannschaft aus ihrer Lethargie, sie wirkte nun griffiger, dominanter, ohne allerdings einem dem Wettbewerb angemessenen spielerischen Glanz zu versprühen.
Die zweite Halbzeit begann mit einem Dämpfer für die Bayern. Auf Vorlage von Marcus Rashford gelang Rasmus Højlund das 1:2 (49.) – Manchester schöpfte neue Hoffnung in diesem ersten Gruppenspiel. Allerdings zerstörte die nur zwei Minuten später der Videoassistent. Eriksen war im Strafraum nach einem Gerangel mit Upamecano der Ball an die Hand gesprungen. Auf Rat des VAR schaute sich Schiedsrichter Glenn Nyberg aus Schweden die Szene noch einmal an und entschied danach auf Handelfmeter, den Kane souverän zum 3:1 verwandelte (53.).
Die Partie nahm nun so richtig Fahrt auf – mit vielen Chancen, mehr für die Münchner als für Manchester, das allerdings nach Toren die zweite Halbzeit für sich entschied. In einer aufregenden Schlussphase gelang zunächst Casimiro das 2:3 (88.), ehe der eingewechselte Mathis Tel mit seinem nächsten Joker-Tor den alten Abstand wieder herstellte (90.). In der Nachspielzeit traf wieder Casimiro zum 3:4, was den Bayern-Sieg nicht mehr gefährdete. Sekunden später pfiff der Schiedsrichter die Partie ab.