Graffiti im Herbst 1980: Doch niemand wusste, wer sie erstellt hatte. Überall in Frankfurt tauchten damals diese Zeichnungen auf.
Bild: Dirk Zimmer
Im Herbst 1980 erlebte Frankfurt eine Invasion von filigranen Strichfiguren: Gesprüht mit schwarzer Spraydose zierten sie Fassaden und Mauern in der Innenstadt. Jetzt erst ist herausgekommen, wer es war.
Dutzende filigraner Sprayfiguren belebten über Nacht Frankfurter Mauern und Fassaden. Sie schwangen sich elegant über Treppen, kuschelten sich in Nischen, schauten vorwitzig um die Ecke, huschten flüchtig auf tristem Beton vorbei. Es passierte im Spätsommer 1980. Ein Aufschrei ging durch die Stadt: Schmierereien eines Verrückten, die unverzüglich entfernt werden müssten, empörten sich Betroffene und Passanten. Die Polizei vermeldete Strafanzeigen aufgebrachter Hausbesitzer wegen Sachbeschädigung. Der unbekannte Sprayer war nicht zu fassen und arbeitete weiter im Dunkel der Nacht.
Doch zahlreiche Frankfurter konnten sich an den zierlichen Figuren erfreuen, sich dafür begeistern, hielten die Figuren nicht für Schmierereien auf der Wand, sondern für ein künstlerisches Statement. Ich gehörte auch dazu. Als junger Nachrichtenredakteur war ich immer auch mit meinem Fotoapparat unterwegs, um für wichtige Ereignisse gewappnet zu sein. So begann ich, den Sprayfiguren nachzuspüren und sie zu dokumentieren. Sie waren zahlreich zwischen Main und Bockenheim zu finden. Bei einigen Figuren kam ich zu spät, die Hausbesitzer waren schneller mit dem Entfernen der Sprayfarbe. Meine Bilanz, notiert am 26. Oktober 1980: 62 Sprayfiguren konnte ich mit der Kamera am Sachsenhäuser Mainufer, auf dem Römerberg, in der dortigen Tiefgarage, im Allerheiligenviertel und an der Universität dokumentieren. Bei zehn Figuren kam ich leider zu spät, und nur mit etwas Glück konnte ich, rund um den Kaiserplatz, die noch schattenhaften Reste fotografieren.