Streaming ist heutzutage nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken: Filme, Serien oder Musik kommen aus der digitalen Wolke. So lassen sich die Inhalte jederzeit auf Handy, Tablet, PC oder TV abrufen. Noch nicht ganz so selbstverständlich, aber ebenfalls möglich ist das bei Spielen per Stream. Doch wie gut klappt Cloud-Gaming? COMPUTER BILD hat die Dienste der Riesen Google, Sony, Microsoft und Nvidia sowie des Außenseiters Shadow getestet.
Cloud-Gaming: Das Wichtigste in Kürze
- COMPUTER BILD hat fünf Cloud-Gaming-Dienste miteinander verglichen
- Der Testsieger ist Google Stadia
- Die beste Streaming-Qualität liefert Nvidia Geforce Now
- Das größte Spiele-Angebot hat PlayStation Now
Ein wichtiger Unterschied zum Film- oder Audio-Streaming: Beim Gaming fließen Daten in beide Richtungen. Die Dienste müssen nicht nur Bild und Ton zum Gamer senden, sondern auch seine Eingaben an Tastatur und Maus, Game-Controller oder Touchscreen möglichst ohne Verzögerung im Spiel umsetzen. Eine geringe Latenz sorgt also für ein gutes Spielgefühl. Natürlich brauchen Zocker eine schnelle Internetverbindung, um das Videosignal in möglichst hoher Auflösung zu empfangen. Innerhalb einer Stunde Zockerei fließen bis zu 15 Gigabyte durch die Leitung. Gaming mit Mobilfunkdaten ist daher nur bedingt möglich beziehungsweise schnell teuer. Die Internetverbindung zu Hause hat in der Regel unbegrenztes Datenvolumen und sorgt meist auch für eine stabilere Übertragung. Für das beste Cloud-Gaming-Erlebnis sollten Zocker also im heimischen Netz bleiben. Die einzige Hürde sind hier die Mindestanforderungen an die Bandbreite. Sonys PlayStation Now gibt sich mit 5 Megabit pro Sekunde (Mbps) zufrieden. Wer etwa über Google Stadia knackiges 4K-Streaming erleben will, braucht 35 Mbps oder mehr.
Bei der Wahl des Spielgeräts lassen die Anbieter dem Zocker weitgehend freie Hand. Einzig Sony zeigt sich hier etwas restriktiv und streamt die Spiele nur auf Windows-PCs sowie PlayStation 4 und PlayStation 5. PC-Zocker benötigen zudem einen Controller (ab 12 Euro). Eine Gamepad-Pflicht auf PC gilt auch für die Abonnenten von Xbox Cloud Gaming. Unverständlich, warum Spiele hier nicht mit Maus und Tastatur steuerbar sind. Auf Android-Smartphones laufen die meisten Dienste problemlos über die jeweilige App des Anbieters. Wer Spiele auf einem iPhone oder iPad streamen will, muss einen kleinen Umweg nehmen. Das liegt an den strikten App-Store-Auflagen von Apple. Um die zu umgehen, bieten die Cloud-Dienste ihre Spiele-Streams über den Safari-Browser der Apple-Geräte an. Mit den entsprechenden Websites der Anbieter sind die Angebote im Browser uneingeschränkt nutzbar. Wer es sich einfach machen will, legt sich die jeweilige Internetseite per Tipper als Verknüpfung auf den Home-Bildschirm. Darüber greifen Zocker genauso schnell wie per App auf den Cloud-Gaming-Service zu. Neben Geforce Now laufen auch Google Stadia und Xbox Cloud Gaming mit diesem Workaround.
Spielspaß mit Verzögerung
Für die Spielbarkeit ist unter anderem die bereits erwähnte Latenz wichtig. Springt oder schießt die Spielfigur immer erst verzögert, kommt Frust auf. Im Test lag der Reaktionsversatz aller Dienste im Millisekundenbereich. Trotzdem sind die Unterschiede durchaus spürbar. Wie bei der Grafik liegt Nvidia hier mit einer kaum spürbaren Latenz von 60 Millisekunden ganz vorn. Damit ist in Einzelspieler-Titeln wie “Control” das Gaming-Erlebnis geradezu makellos. Für schnelle Multiplayer-Shooter wie “Counter-Strike” kann aber selbst diese Latenz noch zu hoch sein. Sony bildet auch bei dieser Disziplin das Schlusslicht: Mit 150 Millisekunden ist die Latenz fast dreimal so lang wie die von Geforce Now. Bei einem schnellen Spielgeschehen ist der Versatz zwischen Eingabe und Aktion spürbar – und Kratos fühlt sich in “God of War” teils so träge an, als trüge er im Kampf einen Bleigürtel um die Hüften.
Wer streamt am schärfsten?
Auch die tollsten Spiele machen wenig Freude, wenn sie als Pixelbrei oder ruckelig auf dem Bildschirm landen. Nicht so bei Geforce Now – die Streaming-Qualität des Dienstes war die beste im Test. Im Rechenzentrum von Nvidia steht nämlich sehr potente Hardware. Wer das Premium-Abo RTX 3080 abschließt, streamt mit der namensgebenden High-End-Grafikkarte – und freut sich über knackscharfe Texturen und Raytracing-Effekte wie realitätsnahe Spiegelungen. Auch klasse: Streaming-typische Klötzchen im Bild (Artefakte) waren beim Test nicht zu sehen – ein Unterschied zu einer lokal vom Gaming-PC berechneten Grafik ließ sich mit dem bloßen Auge nicht ausmachen. Am PC, Smart-TV und auf dem Smartphone ist eine maximale Auflösung von 2560×1440 Pixeln bei einer Wiederholrate von 120 Bildern pro Sekunde möglich. Mit der Streaming-Box Nvidia Shield lässt sich sogar in 4K (3480×2160 Pixel) zocken. Von einer so hohen Pixelzahl dürfen PlayStation-Now-Nutzer nur träumen. Höchstens 1920×1080 Bildpunkte gibt der Dienst aus. Einige PlayStation-3-Spiele laufen sogar mit lediglich 1280×720 Pixeln. Auf einem 4K-TV mit einer Größe von 65 Zoll oder mehr wirkt das Bild somit unscharf. Zudem bilden sich deutlich sichtbare Artefakte. Die Games bleiben zwar trotzdem gut spielbar, Grafik-Fetischisten müssen aber beide Augen zukneifen – oder auf einem kleineren Full-HD-Bildschirm spielen.
Spiele aus der Cloud: Wie gut ist das Angebot?
Nicht nur das Wie ist beim Cloud-Gaming wichtig, sondern auch das Was: Die größte Auswahl an Spielen liefert PlayStation Now. Mehr als 700 Titel aus drei Konsolengenerationen (PlayStation 2, 3 und 4) sind spielbar. Sonys schärfster Konkurrent Microsoft ist in einen Punkt aber besser: Die Masse an Spielen erreicht Xbox Cloud Gaming zwar nicht, dafür sind einige Games bereits zum Veröffentlichungstermin verfügbar. Darum sind die neuesten Titel meist nicht älter als ein paar Tage oder Wochen. Google Stadia hat zwar ebenfalls sehr aktuelle Titel auf der Plattform, bittet dafür jedoch extra zur Kasse. Stadia bietet einige Games als Dreingabe zum Abo an. Die meisten aktuellen Spiele müssen Nutzerinnen und Nutzer aber kaufen – für bis zu 60 Euro. 249 Titel sind auf der Plattform verfügbar. Wer Stadia Pro für monatlich 10 Euro abschließt, kann 50 davon ohne Extrakosten zocken. Gar keine Spiele sind in den Abos von Nvidia Geforce Now und Shadow enthalten. Beide Anbieter stellen ausschließlich die Rechen-Power in der Cloud bereit. Die gewünschten Titel müssen sich Gamer auf Plattformen wie Steam oder dem Epic Games Store kaufen. Gratis-Titel wie “Fortnite” und “Destiny 2” lassen sich aber auch streamen. Beim Cloud-Gaming-Dienst von Nvidia bestehen zurzeit aber ein paar Einschränkungen. Aufgrund von Zerwürfnissen mit einigen Spieleentwicklern lässt sich der Ego-Shooter “Call of Duty” nicht über Geforce Now zocken.
Wie einfach ist die Bedienung?
Suchfunktionen, Favoritenlisten und Genre-Einteilungen – beim Testpunkt Bedienung punkten Xbox Cloud Gaming, PS Now und Google Stadia mit aufgeräumten Menüs. Geforce Now hat so seine Tücken: Die Accounts von Plattformen wie Steam und Ubisoft Connect lassen sich einbinden, auf der Übersichtsseite sieht der Zocker jedoch nicht, welche Titel er besitzt und welche Geforce Now vorschlägt. Er muss also immer im Hinterkopf haben, was er bei welcher Spiele-Plattform gekauft hat. Beim ersten Start einer neuen Spielesitzung muss sich der User beim jeweiligen Plattform-Client anmelden. Nutzt der Zocker die sichere Zwei-Wege-Authentifizierung von Steam & Co., verlängert sich der Anmeldeprozess weiter. Allerdings hat GeForce Now dazugelernt und es reicht mittlerweile eine einmalige Anmeldung bei der jeweiligen Plattform. Vorbildlich: Fast alle Dienste haben Schutzfunktionen für den Nachwuchs, damit die lieben Kleinen nur altersgerechte Games spielen können. Nur Geforce Now und Shadow bieten keinen Schutz. Hier müssen die Eltern selbst drauf achten, dass die Kiddies ausschließlich das spielen, was sie dürfen.
Wie viel kostet Spiele-Streaming?
Wer niedrige Latenz und perfektes Bild will, muss dafür was hinlegen: Das Premium-Abo von Nvidia schlägt mit 200 Euro pro Jahr zu Buche, ist damit aktuell aber immer noch günstiger als eine RTX 3080 für 1.300 Euro. Der teuerste Testkandidat ist Shadow. Der Cloud-Rechner kann aber auch mehr als nur spielen. Nutzer bekommen für rund 30 Euro im Monat einen vollwertigen Windows-Rechner zum Fernsteuern. Wer den nicht benötigt und nur zocken will, sollte lieber zu einem der anderen Dienste greifen. PS Now erinnert mit seinem All-inclusive-Angebot zum festen Monatspreis von 9,99 Euro an Streaming-Anbieter wie Netflix. Xbox Cloud Gaming ist dagegen eher mit Amazon Prime Video vergleichbar. Der Streaming-Service ist nur in Verbindung mit dem Spiele-Abo Game Pass Ultimate zu haben. Für rund 13 Euro im Monat erhalten PC- und Xbox-Spieler eine Auswahl an Titeln zum Downloaden. Die Gaming-Cloud ist eher eine Zugabe, wenn auch eine sehr nützliche: Besitzer der älteren Xbox One zocken so auf Wunsch auch exklusiv für Series X/S entwickelte Spiele.
Testsieger: Google Stadia
Google Stadia holt sich den Testsieg. Der Service überzeugt mit seiner guten Spielbarkeit. Die Titel laufen flüssig und eine Latenz zwischen Eingabe und Umsetzung auf dem Bildschirm ist kaum spürbar. Die Spieleauswahl überzeugt ebenfalls. Allerdings müssen Zocker neue Titel im Store von Stadia kaufen. Sollte Google beim Dienst den Stecker ziehen, sind also auch die gekauften Games weg – bitter. Testnote: gut, 2,1
Xbox Cloud Gaming: Das nette Extra
Für Xbox Cloud Gaming müssen Zocker die teurere Ultimate-Variante des Game Pass abonnieren. Fürs Geld bekommen sie eine riesige Auswahl hochwertiger Spiele. Ausbaufähig ist hingegen die Streaming-Qualität von Xbox Cloud Gaming. Verwaschene Bilder und eine spürbare Verzögerung bremsen den Spielspaß. Ebenfalls ärgerlich und zudem unverständlich ist, dass eine Steuerung per Maus und Tastatur am PC nicht möglich ist. Testnote: befriedigend, 2,7
Nvidia Geforce Now: Der beste Stream
Die aktuell beste Streaming-Qualität liefert Geforce Now. Die Spiele sehen toll aus und die Latenz ist nicht spürbar. Wer das teurere Abo für knapp 17 Euro bucht, bekommt sogar die Grafik-Power einer GTX 3080. Spiele müssen Gamer zwar über Dienste wie Steam oder Uplay selbst kaufen. Gerade jetzt, in Zeiten von schwer verfügbarer und überteuerter PC-Hardware, ist Geforce Now aber eine willkommene Alternative. Testnote: befriedigend, 2,8
Blade Shadow: Mehr als zocken
Der teuerste Dienst im Test bietet die meisten Möglichkeiten. Kein Wunder, denn Shadow ist ein vollwertiger PC in der Cloud. Der lässt sich etwa für Videoschnitt oder Fotobearbeitung nutzen. Das klappt auf allen erdenklichen Geräten, genau wie das Spielen: Hier liefert Shadow saubere Streams mit einer geringen Latenz. Anders als bei Geforce Now, sehen die Games mit Shadow aber nicht ganz so hübsch aus, weil “nur” eine GTX 1080 werkelt. Ab Herbst 2022 bietet der Dienstleister ein “Power Upgrade” mit einer RTX 3070 an. Das schlägt mit zusätzlichen 15 Euro (Gesamtpreis: 45 Euro pro Monat) zu Buche. Testnote: befriedigend, 3,0
Sony PlayStation Now: Die größte Auswahl
Sony bietet bei PlayStation Now ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Mehr als 700 Spiele aus drei Konsolengenerationen lassen sich abrufen – und das für 10 Euro im Monat. Allerdings dürfen ausschließlich PlayStation- und Windows-Nutzer zocken. Und das auch nur bei einer mäßigen Streaming-Qualität: Alte Titel laufen teilweise mit lediglich 1280×720 Pixeln und selbst bei einer schnellen Verbindung ist ein Zeitversatz spürbar. Testnote: befriedigend 3,1
Cloud-Gaming-Dienste im Test: Fazit
Stadia verbindet eine große Spieleauswahl mit einer guten Streaming-Qualität und erringt so den Testsieg. Dafür langt Google aber auch ordentlich zu. Außer fürs Abo müssen Zocker für etliche aktuelle Titel blechen. Das beste Spielerlebnis bietet Nvidia mit Geforce Now. Dank geringer Eingabelatenz und toller Grafik ist der Service eine ernst zu nehmende Alternative zum teuren Gaming-PC. Die Spiele müssen sich Zocker zwar separat zulegen – dafür haben sie aber die Wahl, wo sie die einkaufen.
Cloud-Gaming: Die wichtigsten Fragen
Wie geht Cloud-Gaming?
Cloud-Gaming lässt sich mit einfachen Worten als “ferngesteuerter PC” beschreiben. Nutzerinnen und Nutzer tätigen eine Eingabe auf dem Gamepad, diese geht über das Internet an ein Rechenzentrum, in dem sich die entsprechende Hardware befindet. Die Daten gehen anders als beim Musik- oder Film-Streaming in beide Richtungen. Der Dienst überträgt Bild und Ton, die Zocker hingegen die Steuerungsbefehle.
Was benötigt man für Cloud-Gaming?
Die Anforderungen sind unterschiedlich. Auf jeden Fall ist immer ein Account beim jeweiligen Dienst Pflicht – dann reicht fürs Erste ein Gamepad zum Loslegen. Zocken geht bei den meisten auch per Maus und Tastatur. Nur Microsofts Xbox Cloud Gaming und Sonys PlayStation Now spielen da nicht mit und benötigen zwingend einen Controller. Ein weiterer Unterschied: Nicht jeder Anbieter liefert seine Spiele-Streams an jedes Endgerät. PlayStation Now setzt einen Windows-PC, eine PS4- oder PS5-Konsole voraus. Auf mobilen Geräten wie Smartphones und auf Apple-Geräten lässt sich der Dienst nicht nutzen. Am flexibelsten sind Shadow, Geforce Now und Xbox Cloud Gaming. Mit diesen Diensten spielen Sie problemlos auf allen erdenklichen Geräten. Seit Ende 2021 lässt sich der Microsoft-Dienst auch auf Xbox-Konsolen nutzen. Somit haben Sie die Möglichkeit, Series-Spiele auf Ihrer angestaubten Xbox One zu zocken. Google Stadia ist auf einigen Streaming-Boxen und TV-Geräten mit Google- oder Android-TV nutzbar.
Wie schnell muss die Internetverbindung für Cloud-Gaming sein?
Die Dienste stellen verschiedene Anforderungen an die Leitung. Am genügsamsten gibt sich PlayStation Now: Mit gerade einmal 5 Megabit pro Sekunde (Mbps) soll Cloud-Gaming klappen. Am anspruchsvollsten ist Google Stadia. Wollen Sie Spiele in 4K-Auflösung (3480×2160 Pixel) streamen, verlangt der Service eine 35-Mbps-Leitung.
Welcher Cloud-Gaming-Dienst ist am besten?
Aufgrund der guten Spielbarkeit sowie der großen Titelauswahl ist Google Stadia der beste Cloud-Gaming-Dienst. Geht es um die Qualität, hat jedoch Nvidia Geforce Now die Nase vorn.
Ist Xbox Cloud Gaming kostenlos?
Xbox Cloud Gaming ist Teil des Xbox Game Pass Ultimate. Das Abo kostet 13 Euro im Monat, das Spiele-Streaming ist also nicht kostenlos.