Im Regionalexpress nach Bayreuth flirten zwei Jugendliche, und ihre Freunde rufen: „Samson ist in Paula verliebt!“ Alles wie früher. Auch das ehemalige Gymnasium steht noch, Ort so vieler Niederlagen. Und wie früher glänzt die Stadt zur Festspielzeit, Fahnen wehen, die Blumenbeete auf dem Luitpoldplatz sehen so prächtig aus, als kümmerte sich Tag und Nacht eine Schar Gärtner um sie. Aber natürlich trügt der Eindruck. Der Heimkehrerin mag die Vergangenheit wie die Gegenwart erscheinen, bis sie sich nach und nach aus ihrer Illusion befreit hat und ein Kapitel nach dem nächsten zuschlägt.
Die Gegenwart: Ein paar Hundert Meter vom einstigen Aktienkeller entfernt, in dem man die Nächte durchtanzte und selbst volltrunken nicht hinfiel, weil es dafür viel zu voll und stets ein helfender Arm zur Stelle war, steht jetzt auf dem Gelände der Bayreuther Maisel-Brauerei ein Hotel, das in Deutschland seinesgleichen sucht. Ausgerechnet in Bayreuth! Das Hotel heißt Liebesbier Urban Art Hotel, und Urban Art ist hier nicht nur ein Marketingspruch, der ein paar Graffitis bewirbt, sondern Konzept. Die Künstlerin Jasmin Siddiqui, deren Künstlername „Hera“ lautet, hat das Hotel ähnlich wie eine Museumsausstellung kuratiert – nur dass den Künstlern in ihrem Kreativitätsdrang freie Hand gelassen wurde. Die einzige Bedingung lautete: keine Gewalt und keine Diskriminierung. Sex war erlaubt.