Schüsse aus einem Wohnhaus, ein bewaffneter Mann der sich darin verschanzt hat, eine Festnahme und ein Kind, das dem Jugendamt übergeben wird: Seit Freitagnachmittag hält ein Großeinsatz der Polizei die Gemeinde Milower Land in Atem. Mehr als 30 Stunden dauerte der Einsatz am Samstagabend schon an. Laut des „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ hatte das SEK versucht, das Gebäude zu stürmen, musste den Versuch aber abbrechen, da der Mann mit einer Maschinenpistole das Feuer eröffnet haben soll. Keiner der Polizisten wurde verletzt, wie es in dem Bericht heißt.
Beim Vorrücken auf das Haus stellte die Polizei mehrere Waffen sicher. Auf dem Wohngelände und im Haus seien Schusswaffen, Munition und weitere gefährliche Gegenstände entdeckt worden. Darunter sei auch eine Handgranate, sagte eine Sprecherin der Brandenburger Polizei der Deutschen Presse-Agentur am Samstagabend. Es sei davon auszugehen, dass sich noch weitere Schusswaffen im Besitz des Mannes befänden, der sich seit über einem Tag in dem Haus verschanzt hält.
Die Polizei konnte den Mann bislang noch nicht überwältigen. Spezialeinsatzkräfte rückten seit Samstagnachmittag in das Gebäude vor und seien in dem Haus und darum herum im Einsatz. „Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um eine hochgradig aggressive Person“, sagte die Polizeisprecherin. Ein Zugriff benötige deshalb weitere Vorbereitungen. Oberste Priorität habe die Sicherheit der Polizisten.
Nach Angaben der Polizei hatte es einen Beschluss des Amtsgerichts gegeben, angeregt vom Jugendamt. In dem Haus hielten sich bei Ankunft der Einsatzkräfte am Freitag um 13.45 Uhr ersten Erkenntnissen zufolge der Verdächtige und ein weiterer Mann sowie ein Kind mit seiner Mutter auf. Zahlreiche Details sind derzeit unklar – etwa in welcher Beziehung die erwachsenen Personen zueinander stehen.
In der Nacht soll die Mutter nach den Angaben der Polizei aus dem Haus getreten sein und das Kind dem Jugendamt übergeben haben. Zudem erfolgte am späten Freitagnachmittag eine Festnahme. Einer der Männer sei mit einer Waffe aus dem Haus getreten und von Polizisten überwältigt worden, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion West am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Verletzt wurde den Angaben zufolge niemand.
Reporter berichtete von Detonation vor dem Haus
Laut der Sprecherin hält sich der andere Mann weiter in dem Gebäude auf. Die Schüsse aus dem Haus auf die Polizisten sollen von ihm abgegeben worden sein. Kontakt zum Verdächtigen besteht derzeit nicht. Weiterhin versuche die Polizei, diesen herzustellen, sagte ein Sprecher am Samstagnachmittag. Das Haus im Ortsteil Vieritz in Brandenburg sei noch immer umstellt, die Lage unverändert, hieß es. Die Gemeinde Milower Land hat rund 4400 Einwohner, im Ortsteil Vieritz leben rund 300.
Die Lage blieb am Samstag unübersichtlich. Einwohner äußerten sich beunruhigt. Die Polizei hatte Anwohner dazu aufgerufen, in ihren Häusern zu bleiben. Der Bürgermeister der Gemeinde Milower Land rief zur Besonnenheit auf. Das Dorf liegt etwa 20 Kilometer nordwestlich von Brandenburg an der Havel.
Ein dpa-Reporter berichtete am Samstagmittag von einer Detonation vor dem Haus. Ein Panzerfahrzeug habe sich Richtung Gebäude in Bewegung gesetzt. Die Polizei wollte bis zum Nachmittag einen Zugriff zunächst nicht bestätigen. Die polizeilichen Maßnahmen liefen noch, wie es hieß.
Die Polizei hatte mit ihrem Einsatz das Jugendamt bei der Durchsetzung eines Beschlusses des Amtsgerichts unterstützt. Wegen anzunehmender Kindeswohlgefährdung waren auch Spezialeinheiten zum Einsatzort in den Ortsteil der Gemeinde Milower Land angerückt. Unterstützt wurden sie von Polizisten aus Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.
„Hoffentlich behalten alle die Nerven“
Die genauen Hintergründe des Vorfalls waren zunächst noch unklar. Auch Details zur bewaffneten Person wollte ein Sprecher der Polizei zunächst nicht mitteilen. Einwohner zeigten sich besorgt. „Man weiß ja nicht, wie es ausgehen wird“, sagte der 33-jährige Harry Meier der dpa. Anwohner hätten von Familienstreitigkeiten in dem betroffenen Wohnhaus im Ortsteil Vieritz berichtet.
Meier wohnt am Ortsrand, außerhalb des abgesperrten Gebietes. Das Wohnhaus, aus dem die Schüsse abgegeben wurden, befinde sich etwa in der Mitte des Dorfes, beschrieb er. Bürger sollen dort auf Anweisung der Polizei für die Dauer des Einsatzes in ihren Wohnungen bleiben. Anwohner, die von außerhalb kommen, dürfen seit dem Polizeieinsatz nicht in ihre Häuser.
Bürgermeister Felix Menzel rief dazu auf, sich nicht an Spekulationen im Internet zu beteiligen. „Das bringt nichts, die Leute sollen bitte abwarten“, sagte Menzel am Samstagmorgen in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“. „Ich hoffe, dass niemand verletzt wird – weder von der Bevölkerung noch von den Einsatzkräften.“ Die Situation sei beunruhigend und außergewöhnlich. „Hoffentlich behalten alle die Nerven.“