Was hat sie nicht alles gewusst. Und was hat Juliane Weber wirklich gewusst? Über die Spenden zum Beispiel, die Helmut Kohl und seine CDU über viele Jahre unter der Hand annahmen, um das Geld dann auf „schwarzen Konten“ zu verstecken. Und hatte sie tatsächlich schon 20 Jahre zuvor vom Manager Eberhard von Brauchitsch im Auftrag des Konzernchefs Friedrich Karl Flick eine größere Summe Bargelds in einem Umschlag angenommen und an ihren Chef weitergegeben? In beiden Fällen wurde Juliane Weber vor einen Untersuchungsausschuss vorgeladen und musste offiziell Auskunft geben. Was ihr, die sonst kaum je öffentlich in Erscheinung trat, weshalb es auch kaum Bilder von ihr gibt, sichtlich unangenehm war.
Kohls Mädchen für alles
Doch Kohl konnte sich wie stets auf seine engste Vertraute verlassen. Sie habe nichts gewusst, beteuerte sie, weder von der Flick- noch von der CDU-Parteispendenaffäre. Das wurde weithin bezweifelt, schließlich war sie „Kohls Mädchen für alles“. Das war durchaus auch herabwürdigend gemeint, so, wie es später eine andere kleiner und unbedeutender machen sollte, als sie es am Ende dann war: „Kohls Mädchen“ Nummer zwei – Angela Merkel.
Juliane Weber, die 1939 in Dresden zur Welt kam, war schon früh die Frau an Kohls Seite. Denn Hannelore Kohl weigerte sich lange, ihren Mann bei seiner Karriere quer durch Deutschland zu begleiten. Während Hannelore Kohl quasi als alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen lieber in Ludwigshafen blieb, seit 1971 im Stadtteil Oggersheim, ging Juliane Weber mit ihrem Chef erst nach Mainz, später nach Bonn, schließlich nach Berlin.
„Kein Verhältnis in normalem Sinne“
Kurt Biedenkopf, einst ebenso ein Vertrauter von Helmut Kohl, sagte einmal dazu: „Es gab für Hannelore Kohl ein unlösbares Problem. Und das war die Frau Weber. Die Frau Weber hatte einen unglaublichen Einfluss auf den Kohl. Das ist ein ganz merkwürdiges Verhältnis. Mit Sicherheit war es kein Verhältnis im normalen Sinne. Obwohl die Frau Weber ja fast immer in seiner Nähe war.“ Es sei keine Frage, dass sie einen enormen Einfluss hatte, den sie nie nach außen habe erkennen lassen. „Und für die Ehefrau selbst ist so was ein Problem.“
Tatsächlich gab es böse Zungen, die behaupteten, „die effektive und fesche, mit einem ZDF-Direktor verheiratete Juliane Weber sei mehr als nur Kohls Büroleiterin“, wie Hans-Peter Schwarz in seiner Kohl-Biographie schreibt. Den Gerüchten begegnete Hannelore Kohl auf ihre Art: Sie fuhr demonstrativ mit Juliane Weber in den Urlaub. Denn sie wusste: Ohne seine „Juliane“ konnte Helmut Kohl nicht.
Und das schon seit 1965, noch bevor er Landesvorsitzender der CDU in Rheinland-Pfalz wurde. Und sie blieb es 40 Jahre lang, bis 2005, als sie mit 66 Jahren in Rente ging und sich mit ihrem Mann, dem ehemaligen Finanzchef des ZDF, Bernhard Weber, in Bonn zur Ruhe setzte. Ihn hatte Juliane Lampe 1964 geheiratet, als sie noch im rheinland-pfälzischen Innenministerium arbeitete.
Sie selbst beschrieb ihre Aufgabe als „Koordination und Kommunikation“. Wer zu Kohl wollte, musste an Weber vorbei. Sie war viel mehr als nur seine Sekretärin, Büroleiterin oder persönliche Referentin, sie war fester Bestandteil des „Systems Kohl“ und gehörte zu seinem schon früh gebildeten „Küchenkabinett“, das aus wenigen Getreuen wie Horst Teltschik, Wolfgang Bergsdorf und Eduard Ackermann bestand.
Weber aber verließ Kohl nicht, wie die meisten seiner anderen Weggefährten, weil er immer eigensinniger wurde. „Es gibt nur zwei Menschen, die alles über mich wissen“, soll Kohl einmal gesagt haben, „meine Frau und die Juliane.“ Und auf beide konnte sich der Altkanzler bis zuletzt verlassen. Wie erst jetzt bekannt wurde, starb Juliane Weber schon am Samstag im Alter von 84 Jahren.