In der Vorweihnachtszeit, wenn im Abendprogramm der Fernsehsender Filme wie „Tatsächlich Liebe“ oder „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ laufen, haben es Singlefrauen schwer. Die immer gleichen Jingle-Bells-Klänge in den Geschäften säuseln ihnen vor, dass sie arm dran seien – so ganz ohne Partner. Gut verdienenden, ledigen Frauen kann man aus Sicht des Handels offenbar zu wenig verkaufen: keinen Besuch im luxuriösen Spa-Tempel mit dem Mann ihrer Träume, keinen Kuss unter dem Mistelzweig auf einer zweisamen Winterreise, keinen Tanz mit dem Märchenprinzen bei einem schicken Silvesterball.
Kerstin Götz stört, dass sie als Singlemutter oft bemitleidet wird. „Ich kann als berufstätige Alleinerziehende sehr glücklich sein, trotzdem wird vermutet, man sei allein und traurig.“ Seit 2017 ist die 51-Jährige Geschäftsführerin der Softwarefirma Troi, der Name steht für „total return on investment“, die modular aufgebaute und webbasierte Projektmanagementsoftware gibt es seit 2001 auf dem Markt. „Ich hatte schon immer Freude am Gestalten“, sagt sie. Von Männern werde ihr diese Eigenschaft jedoch manchmal als wilder Ehrgeiz ausgelegt. „Ich habe keine Pause gemacht, als meine Tochter vor elf Jahren auf die Welt kam, ich war auch nicht in Elternzeit.“ Kerstin Götz war damals schon Geschäftsführerin einer Agentur. „Ich hatte beruflich Verantwortung und viel Freude an der Arbeit“, sagt sie. Bei Vätern würde so ein berufliches Engagement als normal betrachtet, Frauen aber gälten als Rabenmütter, wenn sie nach der Geburt schnell zurück in den Job wollten.