Herr Minister, wütende Bauern haben versucht, eine Fähre zu stürmen, auf der sich Wirtschaftsminister Habeck befand. In den sozialen Medien äußerten einige, Politiker wie Sie hätten die Stimmung so angeheizt. Was sagen Sie dazu?
Die Schuld für die Bauernwut liegt allein bei der existenzgefährdenden Ampelpolitik. Viele fürchten um die Zukunft ihrer Höfe, weil die angekündigten Einschnitte Tausende Euro Mehrbelastung im Jahr bringen. Die Bauern merken seit Jahren, dass es ihnen durch immer mehr falsche Vorgaben ideologisch an den Kragen geht. Von Düngeverboten aufgrund praxisfremder Nitratmessungen über wettbewerbsfeindliche Haltungsvorschriften und die zu geringe Marktmacht der Erzeuger bis hin zur ungelösten Wolfsproblematik und einer eigentumsfeindlichen Erbschaftsteuer.
Die Ampel hat angekündigt, dass die KfZ-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge doch nicht kommt und die Subventionen auf Agrardiesel nur schrittweise abgebaut werden. Trotzdem wollen Sie am Montag mit den Bauern demonstrieren – warum?
Weil der Agrardiesel ja trotzdem abgeschafft werden soll und, wie gesagt, die Bauern durch viele weitere Maßnahmen abgewürgt werden. Die Ampel braucht eben zur Umsetzung der Agrardiesel-Abschaffung jetzt etwas länger als zunächst geplant, weil sie das System nicht kapiert hatten. Es gibt für die Bauern also leider keinen Grund zum Aufatmen, die bauern- und eigentumsfeindliche Politik geht an vielen Stellen weiter.
Das Thema Landwirtschaft funktioniert für Sie offenbar so gut, dass Sie es nicht mehr vom Haken lassen wollen.
Ich habe mich schon immer für die Bauern eingesetzt, weil ich selber einer bin und von klein auf miterlebt habe, was in der Landwirtschaft abläuft. Und das bleibt ja Thema. Die Bauern sind nur ein Symbol dafür, wie die Bundesregierung mit den Stützen der Gesellschaft umgeht. In meinen Augen sind das gezielte gesellschaftspolitische Verschiebungen Richtung links. Man will diese bürgerlichen Bevölkerungskreise schwächen und auch dieses Höfesterben forcieren.
Wie kommen Sie darauf?
Die ideologischen Strippenzieher, insbesondere bei den Grünen, haben vor, die Kulturlandschaft wenigstens teilweise rückabzuwickeln: großflächige Stilllegung der Wälder und Agrarflächen, übertriebene Moorrenaturierung und so weiter. In Niedersachsen etwa wird der Deichschutz geschwächt, indem man die Schafe, die den Deich durch Beweidung pflegen, sehenden Auges vom Wolf töten lässt und dadurch den Hochwasserschutz gefährdet. Das Wasser holt sich damit wieder Agrargebiete zurück und verdrängt menschliche Siedlungen. Unsere Bauern sollen weniger Tiere halten, auch der Fleischkonsum soll reduziert werden. Insgesamt geht es in die Richtung, den Menschen als in deren Augen Störer der heilen Welt zurückzudrängen und konservative Strukturen, die die Bauern aufrechterhalten, kaputt zu machen.
Warum brechen Sie immer wieder eine Lanze für die Tierhaltung?
Weil sie wichtig ist für die Kreislaufwirtschaft in der Natur. Besonders die Wiederkäuer nehmen das Gras auf, das der Mensch nicht verwerten kann, etwa auf Almen. Die konnte der Mensch nur mit dem Wiederkäuer erobern. Die Ausscheidungen der Tiere düngen die Pflanzen. Das ist naturnäher als Kunstdünger. Grüne Ideologen wollen aber lieber künstlich gedüngten Salat als Lebensmittel aus der Kreislaufwirtschaft mit Tieren.
Die Bedeutung von Kühen für die Almwirtschaft bestreiten doch auch die Grünen nicht. Aber das ist etwas anderes als Massentierhaltung.
Die Praxis in Zeiten der weltweiten Agrarmärkte ist, dass das Fleisch vom Strohschwein im Supermarkt-Regal liegen bleibt, wenn es zehn Cent mehr kostet als das billigere Fleisch daneben. So überlebt nicht der idyllische bayerische Bauernhof, sondern der, der die Importmärkte bedient, zum Beispiel die chinesischen Agrarfabriken mit einer Million Mastschweinen. Deswegen muss die deutsche Agrarpolitik an allen Schrauben drehen, um die Existenz unserer Bauern im weltweiten Wettbewerb zu verteidigen, auch gegen den französischen Landwirt, der den Agrardiesel ganz ohne Steuer kriegt. Wichtig ist, dass unterm Strich so viel hängen bleibt, dass die Bauernhöfe erhalten werden. Es geht darum, wie sieht das Gesellschaftsmodell der Zukunft aus: Gibt es noch Selbständige, Mittelständler, Handwerker oder nur noch abhängig Beschäftigte bei Großkonzernen, die irgendwelchen Investoren gehören? Das betrifft längst nicht nur die Landwirte, sondern zum Beispiel auch die Ärzte, deren Freiberuflerstatus durch investorengetriebene Medizinische Versorgungszentren auf dem Spiel steht.
Warum werden Bauernproteste mit anderen Maßstäben gemessen als zum Beispiel Blockaden der Letzten Generation?
Die Bevölkerung erkennt sehr wohl den Unterschied zwischen einer hart arbeitenden Gesellschaftsschicht, die seit Jahrhunderten das Volk ernährt, und diesen Typen, die meistens nur vom Geld der Eltern oder des Staates gelebt haben und den Wohlstand unserer Gesellschaft gefährden. Auch in der Zielsetzung gibt es Riesenunterschiede: Die Letzte Generation will das Land noch mehr herunterfahren, die Bauern kämpfen dafür, dass es am Laufen gehalten wird.
Der Milchpreis steht nicht so schlecht. Neigen die Bauern zum Jammern – oder haben sie nur eine sehr gute Lobby?
Jeder, der staatstragend denkt, weiß, dass man die Bauern hegen muss wie den eigenen Augapfel. Es ist wie beim Schachspiel: Wenn vorne alle Bauern gefallen sind, wird es auch hinten unangenehm in den Turmstuben und den Königspalästen.