Gut eine halbe Stunde ist vergangen, seit die Ehrengarde der Stadt Köln aufgezogen ist. Und obwohl es erst kurz nach 11.11 Uhr ist, verbreiten Spielmannszug, Korpstanzgruppe mit Regimentstochter und Tanzoffizier sowie die jungen Kadetten des Traditionskorps eine derart gute Laune, als wären sie schnurstracks von ihrer abendlichen Sitzung zu einem karnevalistischen Frühschoppen in die Kölner Roonstraße marschiert: Ein Medley mit den Refrains alter und neuer Karnevalslieder bringt die gut 140 Besucher aus dem Stand zum Mitsingen.
Die Decke der Bühne erweist sich für die Tänzer der an ihren Farben Grün und Gelb („Spinat mit Ei“) von Weitem erkennbaren Gesellschaft als fast zu niedrig, aber nun ist im Saal kein Halten mehr: Anstatt zu rheinischer, den preußischen Militarismus karikierenden Marschmusik wirbeln die Kadetten und das Tanzpaar zu Klängen über die Bühne, die schließlich alle von ihren Stühlen reißen: „Hava Nagila“ („Lasst uns glücklich sein“) heißt das Lied, jeder der vielen alten und jungen Juden hier im Saal hat es schon bei einer Hochzeit oder einer Bar-Mitzwa-Feier gesungen, und nun wird es zum Höhepunkt von „Falafel und Kölsch“ – dem Sessionsauftakt des ersten und einzigen jüdischen Karnevalsvereins der Welt, den „Kölschen Kippa Köpp von 2017“.