„Durch ein Youtube-Video“, antwortet Viet Pham auf die Frage, wie er auf die Idee gekommen sei, eine Ausbildung zum Schuhmacher zu machen. Denn das ist heute einer der Handwerksberufe, die schon Seltenheitswert haben. Bei der Frankfurter Handwerkskammer nennt man sie in einem Atemzug mit Elfenbeinschnitzern, also echten Ausnahmeerscheinungen. Für Viet Pham aber ist es genau der richtige Beruf. „Ich muss mich bewegen können, darum wollte ich immer etwas Handwerkliches machen und nicht im Büro rumsitzen“, berichtet der Auszubildende, der in diesem Jahr seine Lehre bei der Schuhmacherei Lenz im Frankfurter Bahnhofsviertel begonnen hat.
Um zu testen, ob der Beruf wirklich das Richtige für ihn ist, hatte er sich nach einiger Internetrecherche zunächst für ein Praktikum beworben. Und Meister Alexander Dohn hatte ihm sofort zugesagt. Denn Bewerbungen sind bei ihm rar: Die letzte Auszubildende hatte schon vor acht Jahren ihre Gesellenprüfung gemacht. Sie arbeitet noch immer in dem Betrieb an der Münchner Straße.
Und auch Viet Pham hat gute Aussichten, nach der Ausbildung weiter dort arbeiten zu können. Denn Dohn, der den Laden von seinem Vater übernommen hat, sieht auch in Zukunft gute Chancen für das Schuhmacher-Handwerk. Gewandelt hat sich das Geschäft in den vergangenen Jahren allerdings schon. So mache die Anfertigung von Maßschuhen nur noch etwa 30 Prozent der Arbeit aus, die Aufarbeitung älterer und kaputter Schuhe sei mit 70 Prozent und steigender Tendenz der Hauptumsatzbringer des Geschäfts. In dem hat auch die Corona-Pandemie Spuren hinterlassen, wie Dohn feststellt. Die Tatsache, dass häufiger im Homeoffice gearbeitet werde, sorge dafür, dass das Geschäft, das an der Strecke vom Bahnhof zum Bankenviertel liegt, weniger Laufkundschaft habe.
Nachhaltigkeit hilft dem Geschäft
„Man spürt’s!“ Und es würden deutlich mehr Sneaker getragen statt der früher üblichen Business-Schuhe. Doch auch Sneaker ließen sich reparieren, daher bedeuteten sie nicht unbedingt den Verlust von Kundschaft. Denn es gibt einen anderen Trend, der dem Geschäft hilft: Nachhaltigkeit. „Die Leute wollen nicht mehr so viel wegwerfen“, so Dohn. „Sie geben lieber mehr aus für gute Qualität.“ Und hochwertigere Schuhe ließen sich eben auch gut reparieren. Mit einigen Anbietern hat Dohn Service-Verträge, um die Schuhe der Kundschaft bei Reklamationen oder Verschleiß in Ordnung zu bringen. „Die wenigen guten Schuhgeschäfte, die es noch gibt, wollen ihren Kunden einen guten Service anbieten.“
Was ein Schuhmacher mit geliebten älteren Boots machen kann, ist an einem im Laden ausgestellten Paar zu sehen. Auf der einen Seite der Schuh mit abgelaufener Sohle und brüchigem, stumpfen Leder, auf der anderen Seite einer, der zwar nicht wie frisch produziert aussieht, aber mit neuer Sohle und gut gefettetem, poliertem Leder wieder adrett und fast neuwertig wirkt – jedenfalls noch einige Jahre lang tragbar. „Wir nutzen Techniken, die es schon seit mehr als 100 Jahren gibt“, sagt Dohn. Aber auch neue, die hinzukämen. Das gelte auch für die Maßschuhmacherei. Mit den Nähmaschinen könne er auch Sneaker auf Maß anfertigen.