Was seit Wochen ein offenes Geheimnis war, hat am Dienstag nun auch der Hochtaunuskreis offiziell mitgeteilt: Die neue Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 400 Flüchtlinge in Oberursel wird auf dem ehemaligen Gelände des Reiseveranstalters Thomas Cook im Stadtteil Stierstadt eingerichtet. Sie soll „Gemeinschaftsunterkunft Hammergarten“ heißen, die Anschrift lautet Hammergarten 6. Am Mittwoch soll die Immobilie an den Hochtaunuskreis übergeben werden. Sofort danach will der Landkreis nach eigenen Angaben beginnen, die Unterkunft zu belegen.
Die ersten Bewohner seien ukrainische Flüchtlinge, die zur Zeit in Hotels in Oberursel leben. Anschließend sollen zusätzlich neu zugewiesene Flüchtlinge untergebracht werden – nach jetzigem Stand am nächsten Montag. Wie der Kreis mitteilt, liegt das dafür vorgesehene Gebäude mit Grundriss in Form des Buchstabens H schräg hinter dem langgezogenen ehemaligen Hauptgebäude von Thomas Cook, also hinter dem markanten Riegel in Hellblau, Blassgelb, Weiß und Grün, der sich vorn am Zimmersmühlenweg entlangzieht. Die künftige Flüchtlingsunterkunft befindet sich in der Nähe einer Kita, die Gegend gehört zum Gewerbegebiet Süd.
Der Hochtaunuskreis bedauere, dass es nicht möglich gewesen sei, die Öffentlichkeit früher detailliert zu informieren, heißt es. Wegen Vorgaben, „die mit der Finanzierung des Eigentumsübergangs verknüpft waren“, sei es nicht möglich gewesen, „im Vorfeld den Standort zu nennen“. Das hätte den Angaben zufolge „das gesamte Projekt gefährdet oder zumindest stark verzögert und hätte in letzter Konsequenz sogar zur Schließung von Sporthallen führen können, um die zugewiesenen Flüchtlinge dann dort unterzubringen“. Dieses Risiko sei dem Kreis zu hoch gewesen. Die Übertragung des Eigentums sei erst vor wenigen Tagen in die Wege geleitet worden.
Monatelange Suche nach geeigneter Immobilie
Schon vor zwei Wochen hatte die Verwaltung mitgeteilt, dass der Landkreis wegen des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen eine weitere Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 400 Personen einrichten werde. Nach eigenen Angaben bekommt er zurzeit jede Woche etwa 30 Flüchtlinge von Bund und Land zugewiesen. Die Unterbringungsmöglichkeiten seien „vollständig erschöpft“.
Nach monatelanger intensiver Suche zusammen mit der Stadt Oberursel sei „eine geeignete Immobilie gefunden“ worden, teilte der Landkreis zu diesem Zeitpunkt lediglich mit. Über den Standort hätten Kreis und Stadt Stillschweigen vereinbart, „bis auch letzte offene Fragen geklärt sind“. Welche Fragen gemeint waren, sagte der Kreis vor zwei Wochen noch nicht. In verschiedenen Medien und auf Internetplattformen kursierte da schon der Standort auf dem ehemaligen Thomas-Cook-Gelände.
Ebenfalls vor zwei Wochen hatte der Landkreis auch eine Informationsveranstaltung zu der geplanten Unterkunft angekündigt, allerdings noch ohne einen Termin zu nennen. Am Dienstag hat er nun den Tag und die Uhrzeit dafür bekanntgegeben: Am nächsten Montag, dem Tag des geplanten Einzugs der ersten zugewiesenen Flüchtlinge, werden Landrat Ulrich Krebs (CDU) und Oberursels Bürgermeisterin Antje Runge (SPD) mit anderen Verantwortlichen die Pläne erläutern und Fragen beantworten, und zwar von 19 bis 20.30 Uhr im Saal der Oberurseler Werkstätten.
Ukrainer ziehen aus Hotels um
Schon zuvor hatte der Landkreis angekündigt, dass es wegen „der angespannten Situation und der dringend benötigten Unterkunftsplätze“ sein könne, dass etwa Ukrainer, die schon übergangsweise in Oberurseler Hotels wohnten, noch vor dem damals noch nicht terminierten Informationsabend in das damals noch nicht genannte Gebäude einzögen.
Der Standort der deutschen Tochter des insolventen britischen Reiseveranstalters war Ende 2019 aufgelöst worden. Damals waren dort mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Am Dienstag kleben in oberen Fenstern des früheren Hauptgebäudes ein paar Herzen – das Logo des Unternehmens. In einem vorgelagerten Pavillon hängt ein Zettel mit der Auskunft: „Unser Reisebüro ist ab dem 27. November 2019 geschlossen.“ Rechts neben dem Thomas-Cook-Gebäude teilt ein Schild mit, dass das Privatgrundstück von Unbefugten nicht betreten und befahren werden dürfe.
Infoabend mit Landrat
Auf dem Podium des Infoabends in Oberursel wird außer dem Landrat und der Bürgermeisterin der Erste Stadtrat Christof Fink (Die Grünen) Platz nehmen. Weiterhin informiert die Leiterin des Fachbereichs für Ausländer, Flüchtlinge und Personenstandswesen im Hochtaunuskreis, Johanna von Arnim. Zudem kommen Vertreter der „Hammergarten GmbH“. Die Gesellschaft ist Besitzerin des Gebäudes und vermietet es an den Kreis. Außerdem sind an dem Abend die Sozialen Dienste des Deutschen Roten Kreuzes und die Polizei vertreten.
Der Hochtaunuskreis verfügt derzeit über 2900 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften. Darin leben noch etwa 500 der insgesamt 3200 Flüchtlinge aus der Ukraine, außerdem 900 anerkannte Flüchtlinge. Weitere 1490 Personen befinden sich nach Kreisangaben im Asylverfahren.
Schon im Dezember hatte der Hochtaunuskreis angekündigt, zusammen mit der Stadt Bad Homburg eine weitere Unterkunft für Flüchtlinge zu errichten. Im Gewerbegebiet im Bad Homburger Stadtteil Ober-Erlenbach sollen nach dem Plänen bis zu 150 Personen unterkommen. Auch im früheren Gebäude der Vitos-Klinik in Friedrichsdorf-Köppern bringt der Landkreis seit einigen Wochen Flüchtlinge unter. In Oberursel entsteht zudem eine Unterkunft für 150 Personen an der Karl-Hermann-Flach-Straße. Diese errichtet die Stadt.