In dem türkischen Restaurant Hassom in der Darmstädter Innenstadt ist der Rapper Haftbefehl ein gern gesehener Gast. Inhaber Halil Köse sagt am Donnerstagmittag: „Er kommt regelmäßig und lädt oft auch fremde Leute ein, die kein Geld haben.“ So habe er es auch am vergangenen Dienstag gemacht. „Er hat etwas später am Mittag hier gegessen, und danach eine Rechnung über 80 Euro von sechs Leuten übernommen, die draußen saßen.“ Was danach passierte, ist jetzt Gegenstand von Ermittlungen der Polizei. Fest steht, dass am Dienstag gegen 16.20 Uhr der Fahrer eines weißen Audi Q8 am Ende der Straße, in der das türkische Restaurant liegt, fast ungebremst in eine türkische Konditorei raste.
Auf Videoaufnahmen von dem Vorfall, die im Internet kursieren, ist zu sehen, dass das Auto zwei Fußgänger dabei nur knapp verpasste. Einen Verletzten gab es laut Polizei trotzdem: Ein 23 Jahre alter Konditoreikunde wurde beim Zusammenprall verletzt und kam ins Krankenhaus.
„Die Fußgänger hatten wirklich Schutzengel, das war sehr knapp“
Und der Fahrer? Flüchtete vom Unfallort. Auf einem Internetvideo ist auch diese Flucht zu beobachten: Man sieht zunächst, wie mindestens ein Mann aus einem anderen Auto aussteigt, das auf der gegenüberliegenden Straße gehalten hat, und zu dem Unfallwagen läuft. Dann steigt der Fahrer dieses Wagens aus, läuft humpelnd oder taumelnd zusammen mit dem zweiten Mann in Richtung des anderen Wagens, dann fahren wohl beide davon.
In Rapmedien machte danach schnell das Gerücht die Runde, dass der Fahrer der gebürtige Offenbacher Rapper Haftbefehl gewesen sein soll. Und der Mann, der in dem Video aus dem Wagen aussteigt, sieht dem Achtunddreißigjährigen tatsächlich sehr ähnlich. Am Donnerstag berichtet dann auch die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf Polizeikreise, dass es sich bei dem geflüchteten Fahrer um Haftbefehl gehandelt haben soll. Die Polizei erklärt auf Anfrage nur, dass die Ermittlungen andauerten. Das Auto sei beschlagnahmt worden. Der Schaden an Geschäft und Unfallwagen dürfte bei mehreren 10.000 Euro liegen. Die Ermittler haben DNA-Spuren im Auto und an den Airbags gesichert.
Der Mitarbeiter eines Geschäfts, das in unmittelbarer Nähe des demolierten Ladens liegt, hat den Unfall miterlebt. Er sagt am Donnerstag: „Die Fußgänger hatten wirklich Schutzengel, das war sehr knapp.“ In dem Unfallwagen habe seiner Erinnerung nach nur der Fahrer gesessen, „das war der Große, Stämmige“. Haftbefehl ist fast zwei Meter groß. Der Mitarbeiter hat auch beobachtet, wie zwei andere Männer nach dem Unfall aus einem Sportwagen gegenüber ausstiegen, den Unfallfahrer abholten und dann gemeinsam mit ihm wegfuhren. Den Rapper Haftbefehl kannte der Mitarbeiter bis Dienstag nicht, aber er hat sich danach Fotos angesehen: „Das könnte schon gut hinkommen.“ Und auf der Straße hätten sich nach dem Unfall viele junge Menschen versammelt, die ihn direkt erkannt hätten. „Das war doch dieser Rapper, haben sie gesagt.“
Haftbefehl fällt seit Jahren immer wieder dadurch auf, dass er wegen des Konsums von Lachgas die Kontrolle über sich verliert. In einem Interview sagte er mal, dass er über einen Zeitraum von drei Monaten 50 Flaschen am Tag konsumiert habe und deswegen auch eine Tour absagen musste. Ein Stammgast des türkischen Restaurants Hassom hat Haftbefehl im vergangenen Oktober vor dem Laden gesehen: „Er hatte sich zwei Taschentücher in die Nase gestopft und hat mit einem Bündel Geldscheine rumgewedelt.“ Restaurantinhaber Halil Köse weist aber Berichte zurück, laut denen der Rapper am Dienstag schon vor dem Unfall blutüberströmt in einer Dönerbude zu sehen gewesen sei. „Das ist Quatsch, ihm ging es gut, und er war ganz klar.“ Der Rapper hat sich zu dem Vorfall noch nicht geäußert.