Die Sparanstrengungen der Bundesregierung sorgen dafür, dass geplante Projekte zum Neu- und Ausbau des Schienennetzes und der Digitalisierung des Bahnverkehrs in weite Ferne rücken. Dies geht aus Unterlagen der neuen Infrastruktursparte der Deutschen Bahn, DB Infra Go, an den Aufsichtsrat hervor, über die der „Spiegel“ am Freitag zuerst berichtet hat.
Danach wird sich die Bahn künftig vor allem auf die Sanierung des Bestandsnetzes konzentrieren und den weiteren Neu- und Ausbau aus Kostengründen hintanstellen. Unmittelbar davon betroffen seien neue Projekte des Deutschlandtaktes, etwa die Neubaustrecke Nürnberg–Würzburg. In Mitleidenschaft gezogen wären aber auch die Neubaustrecke Mannheim–Frankfurt, Hanau–Gelnhausen–Fulda oder der digitale Knoten im umstrittenen Megaprojekt Stuttgart 21, heißt es aus Kreisen des Aufsichtsrats.
Die Neujustierung der Pläne macht deutlich, wie groß der Finanzbedarf der Schiene ist. Die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP hat sich nach zähem Ringen darauf geeinigt, bis zum Jahr 2029 weitere 31,5 Milliarden Euro in das Schienennetz zu investieren – zusätzlich zu den schon lange vereinbarten Finanzströmen in Milliardenhöhe. Finanziert werde dies durch das „größte Infrastruktursanierungspaket in der deutschen Eisenbahngeschichte“, wie Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gegenüber der F.A.Z. betonte. Doch kann diese Rekordinvestition nicht darüber hinwegtäuschen, dass man in der Bundesregierung schon einmal weiter war: Vor dem Paukenschlag des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse hatte die Koalition der Bahn noch 40 Milliarden Euro versprochen.
Bahn will an Ausbauplänen festhalten
Dass der Zuwachs nun kleiner als gedacht ausfällt, hinterlässt notgedrungen Spuren in der Planung, die noch längst nicht abgeschlossen ist. Das Bundesverkehrsministerium stellte klar, dass sich der Bericht auf einen im Dezember erstellten Zwischenstand zu Finanzierungsvereinbarungen zwischen Bund und DB beziehe. „Streichungen einzelner Projekte lassen sich daraus nicht ableiten“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Mit der DB gebe es einen „intensiven Austausch“ darüber, wie der weiterhin notwendige Ausbau unter den gegebenen haushalterischen Voraussetzungen vorangetrieben werden könne. „Natürlich braucht es neben der Sanierung aber auch weiterhin den Neu- und Ausbau im Sinne des Deutschlandtaktes.“
Durch die Haushaltssituation 2024 sowie die absehbare mittelfristige Finanzplanung drohe „ein massiver Kahlschlag bei neuen Schienenprojekten“, warnte hingegen der Verkehrspolitiker Matthias Gastel (Grüne). „Die Ziele der Bundesregierung wie die Verlagerung des Schienengüterverkehrs oder die Elektrifizierung von Bahnstrecken drohen zu scheitern.“ Er forderte Verkehrs- und Finanzministerium auf, Lösungen zu erarbeiten, sonst drohe ein massiver Schaden für die Wirtschaft. Der Bundestagsabgeordnete verwies auf das Modell Österreich, das auch bei der Finanzierung stets als Vorbild genannt wird.
Die Deutsche Bahn betonte, man halte „grundsätzlich unverändert“ an den Neu- und Ausbauvorhaben fest. Aufgrund der aktuellen Haushaltslage sei es aber kurzfristig erforderlich, die zeitliche Abfolge dieser Vorhaben zu überprüfen. „Der Fokus bei der Umsetzung liegt, wie mit dem Bund vereinbart, zunächst auf der Modernisierung und Erneuerung des Bestandsnetzes und auf den Projekten, die bereits im Bau sind.“
Bahn und Bundesverkehrsministerium stellten klar, dass die Finanzierung der ersten Generalsanierungen und der Erhalt des Bestandsnetzes für das laufende und das kommende Jahr im Haushalt gesichert seien. „Bis zur Verabschiedung der neuen DB-Finanzplanung durch den Konzernaufsichtsrat im März werden wir Lösungen erarbeiten, die eine Fortführung der Planung bis zur vollständigen Klärung der Finanzierung sicherstellen“, erläuterte eine Konzernsprecherin. Ziel sei es, eine Verlängerung von Projektzeiten zu verhindern.