Schaut man auf die desaströse Lage der Bundesregierung, müsste die wichtigste Oppositionspartei eigentlich von ganz allein an die Macht kommen. Doch von einer eigenen Mehrheit ist die Union in den Umfragen weit entfernt. Selbst in der direkten Auseinandersetzung würde CDU-Chef Friedrich Merz kaum mehr Stimmen erhalten als der abgewirtschaftete Kanzler Olaf Scholz (SPD). Noch schlimmer für Merz: Die internen Konkurrenten um die Spitzenkandidatur 2025, Markus Söder und Hendrik Wüst, sind beliebter als er.
Geschlossenheit nach außen hin
Rückenwind für die CDU, ihren Chef und den bisher nur kommissarisch tätigen Generalsekretär Carsten Linnemann soll der Parteitag bringen, der an diesem Montag begonnen hat. Wird er das? Nach außen hin wahrt man Geschlossenheit, auch gegenüber Ursula von der Leyen im beginnenden EU-Wahlkampf, obwohl ihr „Green Deal“ vielen ein Dorn im Auge ist. Delegierte sprechen von Friede, Freude, Eierkuchen und einer vermutlich „schnarchlangweiligen Veranstaltung“.
Leider spiegelt sich diese Verzagtheit auch im Wirtschaftsteil des Programmentwurfs. Die Pläne zur Senkung von Steuern und Sozialabgaben sind unkonkret, die Aussagen zur längeren Lebensarbeitszeit weichgespült.
Wie die Föderalismusreform aussehen soll und welche Einnahmen künftig wohin gehen sollen, bleibt im Dunkeln. Die kürzlich versprochene schärfere Sanktion von Totalverweigerern im Bürgergeldsystem ist völlig richtig – taucht im Programm aber nicht auf.
Das Bekenntnis zur Atomkraft, dessen Ende uns die Union selbst eingebrockt hat, kommt halbherzig daher mit Verweisen auf Reaktoren der vierten und fünften Generation und auf die Kernfusion, die es alle bisher nicht gibt. Hingegen findet sich keine Forderung, die bestehenden Anlagen weiterzubetreiben oder in der Kohleverstromung die CO2-Abscheidung zu nutzen. Beides wäre sinnvoll.
Die Union braucht mehr Mut, eine klare Kante, neue Leute und Ideen, wenn sie regieren will. Die fehlende Unterstützung im Wahlvolk liegt genau daran: dass man der Partei aufgrund vieler falscher Entscheidungen in der Migrations-, Verteidigungs-, Russland-, Energie- oder Klimapolitik nicht zutraut, es besser zu machen als die Ampel. Und das ist eine Kunst.