Der Schätzpreis lag bei 1500 Euro. Verkauft wurde die „Dornenkrönung“ schließlich für mehr als 30 Millionen Euro – an einen britischen Mäzenen mit Wohnsitz in Spanien. Er behält das Werk, das aus dem Besitz der Madrider Politikerfamilie Pérez de Castro zur Auktion hätte kommen sollen, nicht für sich: Bald ist es im Prado-Museum zu sehen.
Das Madrider Auktionshaus Ansorena hatte das relativ kleine und leicht verschmutzte „Ecce Homo“-Gemälde der Schule des spanischen Malers José de Ribera zugeschrieben und entsprechend zur Auktion angekündigt. Fachkreise elektrisierte bald der Verdacht, es könnte sich tatsächlich um ein Werk des italienischen Barockmalers Michelangelo Merisi, bekannt als Caravaggio, handeln. Ausländische Interessenten versuchten, das Ölbild vor der Auktion zu erwerben. Im April 2021 machten Kuratoren des Prado das spanische Kulturministerium auf das Gemälde aufmerksam – und das Werk wurde aus der Versteigerung zurückgezogen. Die Madrider Regionalregierung erklärte es zum „Kulturgut von besonderem Interesse“; das spanische Kulturministerium erließ ein Exportverbot und ordnete eine eingehende Prüfung an.
Für den Staat zu teuer
Laut Prado besteht ein „noch nie dagewesener Konsens“ unter fünf führenden Forschern, darunter der Nuklearwissenschaftler Claudio Falcucci, darüber, dass es sich um einen echten Caravaggio handele: Eine der „größten Entdeckungen der Kunstgeschichte“ und ein Werk von „außergewöhnlichem“ Wert. Die Experten kamen zu dem Ergebnis, dass Caravaggio das Bild zwischen 1605 und 1609 gemalt hat und es zur Privatsammlung des spanischen Königs Philipp IV. gehörte. 1821 kam es in den Besitz des spanischen Diplomaten Evaristo Pérez.
Nur etwa 60 Werke Caravaggios sind bekannt. Das Interesse an der Neuzuschreibung sei groß gewesen, aber man habe letztlich nur mit dem Käufer, der anonym bleiben möchte, verhandelt, sagte Jorge Coll von der Kunstgalerie Colnaghi, in deren Obhut das Gemälde war. Fachleute restaurierten es im Auftrag der öffentlichen Hand, doch weder Regional-, noch Zentralregierung machten von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch. Der Erwerb hätte wohl auch die finanziellen Möglichkeiten überschritten: Bei ähnlichen Ankäufen hat der Staat Presseberichten zufolge noch nie so viel Geld ausgegeben. Zwischen 30 und 36 Millionen Euro soll der Caravaggio schlussendlich gekostet haben. „Auf dem internationalen Markt könnte das Bild mehr als 100 Millionen Euro einbringen“, sagt Coll. Das Exportverbot habe den Preis gedrückt.
Der neue Besitzer stellt das Kunstwerk zunächst für die Dauer von neun Monaten dem Prado als Leihgabe dem zur Verfügung. Dort wird es vom 28. Mai bis Oktober 2024 in einer Einzelschau präsentiert, bevor es Teil der Dauerausstellung wird, doch nach dem Willen des Leihgebers auch in anderen spanischen Museen ausgestellt werden soll.