Alles habe seine Zeit, sagte Mitch McConnell, als er am Mittwoch im Senat ans Mikrofon trat, und nach fast zwei Jahrzehnten seinen Rücktritt aus der republikanischen Fraktionsführung bekanntgab. Es sei eine der am meisten unterschätzten Qualitäten im Leben, zu wissen, wann es an der Zeit sei für einen neuen Lebensabschnitt. „Deswegen stehe ich heute vor ihnen, um zu sagen, dass dies meine letzte Amtszeit sein wird“, sagte McConnell weiter. Die Aufgabe sei die Ehre seines Lebens und das höchste Privileg gewesen. Doch es sei „Zeit für die nächste Generation Anführer“.
Mit der überraschenden Ankündigung des Senators aus Kentucky geht eine Ära zu Ende. McConnell, gerade 82 Jahre alt geworden, wurde vor 40 Jahren in den Senat gewählt und war seit 2007 in der Fraktionsführung. Nun wird er sein aktuelles Amt als Minderheitsführer der Republikaner noch bis zur Wahl im November ausführen und seinen Senatssitz bis zum Ablauf seiner Wahlperiode im Januar 2027 beibehalten.
Seit dem vergangenen Jahr waren immer wieder Zweifel an der gesundheitlichen Verfassung McConnells laut geworden. Im Juli und August war er zwei Mal in Pressekonferenzen erstarrt, scheinbar außer Stande, zu sprechen, und wurde von seinen Mitarbeitern weggeführt. Aus seinem Team hieß es damals jedoch, der Minderheitsführer sei nur dehydriert gewesen. Zuvor war McConnell im März während eines privaten Abendessens in Washington gestürzt und hatte sich eine Gehirnerschütterung zugezogen.
Zeit des Wandels innerhalb der Republikaner
McConnell sprach in seiner Rede am Mittwoch davon, er gehe in einem Moment, „in dem ich sicher bin, dazu beigetragen zu haben, die Ideale zu bewahren, an die ich so sehr glaube“. Doch sein Rücktritt fällt in eine Zeit des ideologischen Wandels innerhalb seiner Partei. Besonders deutlich zeigt sich das dieser im Streit über weitere Ukrainehilfen. McConnell gehört zu jenem Teil des Partei-Establishments, der die Unterstützung der Ukraine für unerlässlich hält.
Der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson, einer der Trumpisten der Partei, verweigert eine Abstimmung über einen entsprechenden, Mitte Februar im Senat verabschiedeten Gesetzentwurf jedoch, weil er nicht mit der Migrationspolitik verknüpft sei. McConnell dürfte in seinen letzten Monaten im Amt umso mehr bemüht sein, so viel Druck wie möglich hinsichtlich weiterer Ukrainehilfen auszuüben. Er sei sich „der Politik innerhalb meiner Partei bewusst“, sagte er am Mittwoch. Er habe immer noch genug Energie, „um meine Kritiker gründlich zu enttäuschen“, und werde das „mit großem Enthusiasmus“ tun.
Wer kommt nach McConnell?
Als potentielle Nachfolger McConnells werden die im Kongress als „drei Johns“ bekannten Senatoren gehandelt: John Thune aus South Dakota, John Cornyn aus Texas und John Barrasso aus Wyoming. Keiner der drei wollte sich am Mittwoch zunächst zu einer möglichen Kandidatur äußern. Es gelte, „große Fußtapfen zu füllen“, sagte Thune auf Nachfrage von Journalisten. Dem Minder- oder Mehrheitsführer einer Partei im Kongress kommt es traditionell zu, mit der jeweils anderen Partei über Kompromisse in Gesetzgebungsinitiativen zu verhandeln. McConnells Nachfolger wird nach der Wahl im November von der republikanischen Fraktion im Senat bestimmt.
McConnell war maßgeblich daran beteiligt, die konservative Mehrheit am Obersten Gericht einzufädeln. Im Frühjahr 2016 blockierte er unter Berufung auf die baldige Präsidentenwahl und ein Mitspracherecht der Bevölkerung die Ernennung des linksliberalen Kandidaten Barack Obamas, Merrick Garland, zum Obersten Richter. In Trumps Amtszeit half er, dessen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof im Senat bestätigen zu lassen.
McConnell hatte sich nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 mit Trump überworfen, doch nie endgültig mit dem rechten Flügel der Partei gebrochen. In dieser Woche erst hatten amerikanische Medien berichtet, McConnell wäge ab, Trump nach dessen haushohen Siegen in den bisherigen Vorwahlen öffentlich als Präsidentschaftskandidat zu unterstützen.