Dass das Spiel „leichter“ wurde nach diesem Start, wie Joshua Kimmich später sagte, war etwas untertrieben – 3:0 führte der FC Bayern München am Samstagabend bei der KSV Holstein, als gerade Mal 13 Minuten gespielt waren. Da wärmten die Sonnenstrahlen die Menschen auf der Haupttribüne noch ganz angenehm an diesem strahlenden Herbsttag.
Das war aus Sicht der Holstein-Kiel-Fans aber auch des Beste der Anfangs-Viertelstunde, in der die Bayern gar nicht viel tun mussten, um die Aufsteiger aus Kiel dreimal zu düpieren: Bei Jamals Musialas 1:0 nach 14 Sekunden fühlte sich kein Holstein-Profi für den Ball zuständig, nachdem Harry Kane das Spielgerät nach vorn geköpft hatte.
Das 2:0 in der siebten Minute legte der Kieler Kapitän Lewis Holtby mit einem Fehlpass im Strafraum selbst auf; Serge Gnabry musste nur zu Kane ablegen. Und als wäre das nicht schlimm genug, dribbelte sich Musiala in der 13. Minute schlangengleich an einigen Kielern vorbei, passte in die Mitte und dort Nicolai Remberg ans Bein, Eigentor – 3:0.
Bayern wirken fein präpariert
Die Partie im ausverkauften Holstein-Stadion war entschieden, bevor sie richtig begonnen hatte – und die Bayern hatten gar nicht besonders schnell oder schwungvoll spielen müssen. „Wir haben anfangs mit jedem Schuss getroffen“, staunte Torwart Manuer Neuer, der sich beim am Ende noch zu knappen 6:1 (4:0) seiner Bayern höchstens über den Gegentreffer aus der 85. Minute ärgern musste, als der eingetauschte Armin Grigovic zum 5:1 schön per Kopf traf und die Haupttribüne im altehrwürdigen Gemäuer zum Wackeln brachte.
Das war aus Kieler Perspektive der schönste Moment dieses Abends, der sie schmerzhaft daran erinnerte, wie schwierig es sein wird, in der Bundesliga überhaupt Zählbares zu sammeln – bisher liegt der Liga-Neuling bei einer Ausbeute von Null. Da half der Rat von Bayern-Präsident Herbert Hainer nicht wirklich, der seinem Kieler Kollegen Steffen Schneekloth auf dem Weg zur Currywurst (auch vegan) im VIP-Raum altväterlich zurief: „Ihr müsst eure Punkte anderswo holen!“
Die Bayern stehen mit drei Siegen aus drei Partien gut da und wirken für den Champions-League-Auftakt am Dienstag (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei DAZN) in Zagreb fein präpariert. Mag der Kieler Test sicher nicht der ultimative gewesen sein, wirken die ersten Wochen unter dem neuen Trainer Vincent Kompany doch weitgehend störungsfrei und bringe als ersten Ertrag die Tabellenspitze. Damit bleiben Rufe nach Veränderung wohl ungehört – zum Leidwesen Leon Goretzkas, für den Kompany keinen Kaderplatz gefunden hatte.
„Wir haben nur drei Spiele gemacht. Ich weiß, dass es für den FC Bayern immer wichtig ist, vorn zu stehen, aber eigentlich will ich es gar nicht sagen, wo wir am Saisonende landen wollen“, begann Kompany und unterbrach sein Statement dann lachend – es sollte ihn wohl nicht zu weit davontragen. Er lobte dann noch die neue Struktur im Mittelfeld, wo Palhinha und Kimmich es gut gemacht hatten.
In einer Partie, die zur Pause auch 8:0 hätte stehen können, schauten die Kieler oft nur passiv, ängstlich, staunend zu. Vor allem Serge Gnabry ließ etliche Chancen aus, auch Kane hätte noch öfters treffen können. Ihm gelang das Tor in der Anfangsphase, in der 43. Minute traf er zum 4:0, in der Schlussminute traf er Foulelfmeter zum 6:1.
Timon Weiner im Kieler Tor hielt einige Male hervorragend und verhinderte ein Debakel der KSV. „Wir hatten der Spielfreude der Bayern in der ersten Halbzeit nichts entgegenzusetzen“, sagte Dirk Bremser, der den gesperrten Cheftrainer Marcel Rapp vertrat.
Nach der Pause gelang Michael Olise in der 65. Minute das 5:0. Kompany wechselte nun munter durch, schonte den starken Musiala. „Wir werden unseren breiten Kader noch brauchen“, sagte der Coach, „es ging heute nicht um Kraft sparen, das gibt es in der Bundesliga nicht. Die Wechsel waren auch Belohnungen für gute Leistungen im Training.“ Es folgten der Ehrentreffer, Kanes Strafstoß und die Erkenntnis, dass Kieler Fehler sofort bestraft werden – und die Bayern an ihrer Chancenverwertung arbeiten müssen.
Der sympathisch auftretende Kompany gab den Neulingen dann noch einige persönlich gefärbte Worte mit in die Nacht: „Ich habe 2007 mit dem HSV mal hier gespielt und den Weg der Kieler verfolgt. Ich weiß, wie weit der Klub gegangen ist, um in der Bundesliga zu spielen. Wenn ich sehe, wie die Fans hier die Mannschaft feiern trotz 1:6 – das war toll. Auch in solchen Momenten kann man zusammenwachsen.“ Damit hatte Kompany im hohen Norden sicher ein paar neue Fans gefunden.