Als sich die ersten hundert Teilnehmer der Demonstration versammelt haben, werden die Palästinensische Flaggen verteilt: Schwarz, weiß, grün, rot dominiert. Das Thema ist Solidarität mit Gaza, den zivilen Opfern eines Kriegs, den die Hamas begonnen hat, von der aber im Verlauf des Nachmittags nicht einmal die Rede sein wird.
Hinter der Frankfurter Veranstaltung, die regelmäßig am Samstag nach dem Al-Quds-Tag abgehalten wird, steht ein Netzwerk der türkischsprachigen, schiitischen Ehl-i Beyt Gemeinden, die der hessische Verfassungsschutz dem extremistischen Bereich zuordnet. Diese Gemeinden, mitbegründet von Imam Muhammed Avci, gehören zur Islamischen Gemeinschaft der Schiiten in Deutschland (IGS), die seit 2009 die politisch-ideologische Einflussnahme auf einzelne schiitische Verbände steuert und mit dem Regime in Teheran in enger Verbindung steht.
Was sich nach außen als Pro-Palästina-Demo zeigt, ist daher in Wirklichkeit eine Parade von Iran-Sympathisanten, die vorneweg die Konterfeis des Gründers der Iranischen Republik, Ayatollah Khomeini, von Irans Oberstem Führer Ali Khamenei und von Imam Muhammed Avci, der bis zu seinem Tod vor wenigen Jahren in Offenbach agierte.
Der Demonstrationszug zieht durch Frankfurt, jene Stadt, in die sich hunderte, wenn nicht tausende Iraner in den letzten Jahrzehnten vor dem Mullah-Regime geflüchtet haben, darunter auch Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg, die zeitweise in Teheran im Gefängnis interniert war.
Gegendemonstranten, die sich noch an den Ruf „Frau-Leben-Freiheit“ erinnern und sich gegen das Auftreten der Mullah-Sympathisanten wenden, gibt es auch, aber sie sind an diesem Tag nicht zahlreich. Etwa 100 hat die Polizei am Rossmarkt gezählt, auf Sicherheitsabstand zur anderen Gruppe und schon verschwunden, als sich die Al-Quds-Demo nähert.
Dort sind immer mehr Menschen hinzugestoßen: In der Spitze zählt die Polizei 750 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Der Anmelder, eine Privatperson aus Offenbach, hatte mit bis zu 1000 Personen gerechnet. Die Sicherheitskräfte sind entlang der ganzen Strecke vom Hauptbahnhof bis in die Innenstadt zahlreich vertreten und greifen sofort ein, wenn ein Plakat oder eine Flagge nicht den Auflagen entspricht, die das Ordnungsamt zuvor für diese Demo erlassen hat.
Während des Zugs mischen sich die Gruppen: Eine junge Frau in Shorts und Netzstrümpfen, eine Barbie-Tasche über dem Arm, geht neben zwei verschleierten Frauen im Tschador. Jede der drei hält eine Palästina-Flagge hoch.
Als die Demonstration nach zwei Stunden für beendet erklärt wird, bleibt nur eine kleine, laute Gruppe von etwa 15 Menschen hörbar, die mit einem selbst mitgebrachten Megaphon Stimmung macht. Sie gehen über die Auflagen hinweg und skandieren auch die verbotenen Parolen: „Israel Kindermörder“. Auf einen Fotojournalisten deutend rufen sie: „Deutsche Medien lügen, lasst Euch nicht belügen.“
Die Polizei, mit stärkeren Mikrophonen ausgestattet, übertönt sie mit der Aufforderung, den Platz in Richtung Hauptbahnhof zu verlassen. Was die meisten Demo-Teilnehmer auch umgehend tun. Am Ende hat die Polizei nur in zwei Fällen Personalien aufgenommen, weil der Anfangsverdacht einer Straftat besteht – wegen dem möglicherweise unerlaubten Zeigen von Symbolen. Das Gros der Teilnehmer habe sich aber „kooperativ und anmeldekonform“ verhalten, so ein Sprecher.
Die Jüdische Gemeinde Frankfurt und der Zentralrat der Juden in Deutschland hatten die Demonstration im Vorfeld kritisiert. Mit dem Al-Quds-Tag hielte „blanker Antisemitismus und Israel-Hass wieder Einzug auf unseren Straßen“, warnte die Jüdische Gemeinde.