Die israelische Regierung hat den USA offenbar einen Geheimdienstbericht übermittelt, in dem sie Details zu den Anschuldigungen gegen zwölf UNRWA-Mitarbeiter schildert, die in den Angriff der Hamas am 7. Oktober involviert gewesen sein sollen. Der Bericht sei am Freitag übermittelt worden, schreibt die „New York Times“ unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Die Vereinigten Staaten hätten die israelischen Vorwürfe zwar noch nicht selbst verifiziert, sagten amerikanische Regierungsbeamte der Zeitung, hielten sie aber für glaubwürdig genug, um die Aussetzung der Hilfszahlungen an das UN-Hilfswerk zu rechtfertigen.
Ein UN-Mitarbeiter wird laut dem Bericht beschuldigt, gemeinsam mit seinem Sohn eine Frau aus Israel entführt zu haben. Ein weiterer soll an einem Massaker in einem Kibbutz beteiligt gewesen sein, bei dem 97 Menschen getötet wurden. Einem Sozialarbeiter der UN wirft der israelische Geheimdienst vor, dabei geholfen zu haben, die Leiche eines toten israelischen Soldaten nach Gaza zu bringen sowie Munition zu verteilen und Fahrzeuge am Tag des Angriffs zu koordinieren.
Insgesamt wirft Israel zwölf Mitarbeitern des Palästinenserhilfswerks vor, der Hamas am 7. Oktober geholfen oder sie in den Tagen danach unterstützt zu haben. Bei dem Angriff wurden nach israelischen Angaben rund 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 240 entführt und nach Gaza gebracht.
„Entsetzt über diese Anschuldigungen“
UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte am Sonntag, er sei „entsetzt über diese Anschuldigungen”. Neun der zwölf beschuldigten Mitarbeiter seien bereits entlassen worden. Die Länder, die ihre Hilfszahlungen ausgesetzt haben, forderte Guterres dennoch auf, ihre Entscheidung zu überdenken. Das UNRWA teilte der „New York Times“ am Sonntag auf Anfrage mit, dass zwei der beschuldigten Mitarbeiter tot seien, dass es aber keine weiteren Informationen geben könne, solange die interne Untersuchung der UN laufe.
Laut dem Bericht konnte der israelische Geheimdienst die Bewegungen von sechs der UN-Mitarbeitern am 7. Oktober in Israel anhand ihrer Mobiltelefone nachvollziehen; weitere wurden demnach dabei abgehört, wie sie am Telefon über ihre Beteiligung an dem Angriff sprachen. Drei Mitarbeiter erhielten laut den israelischen Angaben Textnachrichten, in denen sie aufgefordert wurden, sich am 7. Oktober an Sammelpunkten einzufinden. Einer von ihnen soll zudem aufgefordert worden sein, Panzerfäuste mitzubringen, die in seinem Haus gelagert waren.
Zehn der Männer sollen laut den israelischen Angaben Mitglieder der Hamas sein, ein weiterer soll demnach der Terrorgruppe Islamischer Dschihad angehören. Trotzdem sollen sieben der Beschuldigten als Lehrer an Schulen der UNRWA im Gazastreifen unterrichtet haben. Zwei weitere arbeiteten in anderen Funktionen an den Schulen, die übrigen drei werden laut „New York Times“ in dem Bericht als Angestellte, Sozialarbeiter und Lagerverwalter beschrieben.
Nach zahlreichen westlichen Staaten stellte am Sonntag auch Japan seine Zahlungen an das UN-Hilfswerk wegen der Vorwürfe vorübergehend ein. Die finanzielle Unterstützung werde bis auf Weiteres nicht fortgesetzt, hieß es in einer Erklärung des japanischen Außenministeriums. Das UNRWA spiele eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung lebenswichtiger humanitärer Hilfe. Vor diesem Hintergrund sei Japan „äußerst besorgt“ über die mutmaßliche Verwicklung von UNRWA-Mitarbeitern in den Terroranschlag auf Israel am 7. Oktober. Zuvor hatten unter anderem die USA, Deutschland und Frankreich ihre Zahlungen eingestellt.