Kurz nach der jüngsten Anklage war Donald Trump auch innerhalb seiner Partei wieder im Wahlkampfmodus. Mit den üblichen Verballhornungen des Namens zog er über Floridas Gouverneur Ron DeSantis her, seinen Gegner im republikanischen Vorwahlkampf. Dessen „Ausflug in eine nicht von Trump unterstützte Wahlkampagne“ habe keinen Erfolg, schrieb Trump am Mittwoch auf seiner Plattform „Truth Social“. Dann schob er hinterher, DeSantis sei „ein sehr illoyaler Typ“.
Das könnte daran liegen, dass sich DeSantis nach der Anklage wegen Wahlbetrugs nicht explizit zur Verteidigung Trumps aufgeschwungen hatte. Stattdessen beklagte er, im „Sumpf“ in Washington könne es kein faires Verfahren geben. Als Präsident werde er die gleiche Behandlung aller Amerikaner vor dem Gesetz sicherstellen.
Bislang muss sich Trump jedoch noch wenig Gedanken darum machen, dass seine juristischen Probleme ihm im Wahlkampf zum Nachteil gereichen könnten. Es gelingt dem früheren Präsidenten vielmehr, seine Wähler mit dem Vorwurf der „Hexenjagd“ und der „politisierten Justiz“ noch enger an sich zu binden. Das belegen die Millionen Dollar Spenden, die nach den zwei ersten Anklagen flossen, sowie eine jüngste Umfrage, in der Trump 37 Prozentpunkte vor DeSantis als einzigem ernstzunehmenden Herausforderer liegt. Es ist nicht anzunehmen, dass sich das mit der Anklage im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol plötzlich ändert, auch, weil viele der Vorwürfe schon vorher bekannt waren.
Anwesenheit im Gerichtssaal ist Pflicht
Die schiere Zahl von Anklagen und Gerichtsverfahren allerdings dürfte es sein, die Trump demnächst Probleme bereitet. Eine mögliche Anklage in Georgia steht noch aus – so könnten es bis Ende des Sommers vier verschiedene Verfahren in vier verschiedenen Gerichtssälen sein. Bislang inszenierte Trump seine ersten Termine vor Gericht in New York und Miami erfolgreich: begleitet von Schmähreden auf seiner Plattform und mit anschließender Ansprache an seine Anhänger.
An diesem Donnerstag dürfte es ähnlich sein, wenn er sich zur Anklageverlesung in der amerikanischen Hauptstadt einfinden muss. In den nächsten Monaten könnten die Verhandlungstage jedoch zur lästigen Pflicht werden – vor allem, weil Trump als erster Präsidentschaftskandidat in der Geschichte der Vereinigten Staaten zwischen Wahlkampf und Gerichtssaal hin- und herwechseln werden muss.
Das führt zu logistischen, juristischen und politischen Fragen, für die es in den Vereinigten Staaten bislang keinen Präzedenzfall gibt. Kann das gehen, das öffentliche Interesse an zügigen Gerichtsverfahren mit dem öffentlichen Interesse an einem fairen Wahlkampf zu verbinden? Im November kommenden Jahres wählen die Amerikaner ihren Präsidenten. Die Monate bis dahin sind eng getaktet mit einem (Vor-)Wahlkampf, der schon ohne andere Verpflichtungen intensiv ist. Hinzu kommt für Trump, dass Angeklagte in amerikanischen Strafverfahren im Regelfall anwesend sein müssen. Die Verhandlungen können sich dabei über Wochen ziehen.
Das Frühjahr wird entscheidend sein
Prozessbeginn im ersten strafrechtlichen Verfahren gegen Trump – es laufen auch drei Zivilklagen gegen ihn, die zwischen Oktober und Januar verhandelt werden, bei denen er aber nicht anwesend sein muss – ist im Fall der Schweigegeldzahlungen für die Pornodarstellerin Stormy Daniels am 25. März kommenden Jahres. Der New Yorker Richter hatte bei der Bekanntgabe gleich hinzugefügt, Trump dürfe in diesem Zeitraum keine anderen Verpflichtungen eingehen. Der frühere Präsident, damals über Video zugeschaltet, schüttelte den Kopf und schrieb später wieder von „Wahleinmischung“ durch die Justiz.