Etwa 18 Stunden nach dem Vorfall gab die israelische Armee an, den Hizbullah-Anführer Hassan Nasrallah bei einem Luftangriff am Freitagabend getötet zu haben. Man habe jetzt Gewissheit, sagte Armeesprecher Nadav Shoshani am Samstagmittag gegenüber Journalisten.
Nasrallah stand 32 Jahre lang an der Spitze der libanesischen Schiitenorganisation. Mit ihm soll Ali Karaki getötet worden sein, der Kommandeur der Südfront der Hizbullah, der zuletzt als die Nummer drei der Organisation galt. Karaki war schon das Ziel eines israelischen Luftangriffs in Beirut am Montag gewesen, hatte diesen laut Angaben der Hizbullah jedoch verwundet überlebt.
Nasrallah, Karaki und weitere ranghohe Kommandeure hätten sich am Freitagabend in einem „unterirdischen Terrorhauptquartier“ befunden, das sich unter einem Wohngebäude im Bereich des Dahieh-Viertels befand, erläuterte Armeesprecher Shoshani. „Wir verfügten über Echtzeit-Informationen, und eine operative Gelegenheit hat sich geboten.“ Daraufhin wurde der Luftangriff ausgeführt.
Die israelische Armee hatte den Angriff Medienberichten zufolge schon seit mindestens einem Tag geplant. Demnach hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Aktion grundsätzlich genehmigt, bevor er am Donnerstag zur UN-Generalversammlung in New York aufbrach. Kurz nach der Attacke verbreitete Netanjahus Büro ein Foto, das den Angaben zufolge zeigte, wie der Regierungschef in seinem Hotelzimmer in New York grünes Licht für die Ausführung des Angriffs gab.
Mehrere Gebäude zerstört
Die Hizbullah hat sich bis Samstagmittag nicht zu Nasrallahs Schicksal geäußert. Shoshani sagte, Israel verfüge in diesem Fall aber über die Bestätigung, dass er getötet worden sei. Diese Erkenntnis beruhe auf verschiedenen Quellen, über die er nicht genauer sprechen könne. Auch ging der Armeesprecher nicht näher darauf ein, welche Art von Munition bei dem Luftangriff verwendet wurde. Medienberichten zufolge handelte es sich um bunkerbrechende Bomben, die eingesetzt wurden, um zu dem Komplex vorzudringen, der bis zu 30 Metern unter der Erde lag.
Die heftige Attacke hatte mehrere Wohngebäude in der südlichen Vorstadt Beiruts zerstört. Opferzahlen waren am Samstagmittag noch nicht bekannt – das libanesische Gesundheitsministerium sprach von mindestens sechs Getöteten und 91 Verletzten. Shoshani sagte, die israelische Armee habe bislang keine Erkenntnisse dazu. „Es ist noch zu früh, um über Kollateralschäden zu sprechen.“
Zugleich wies er die Verantwortung für die zivilen Opfer des Angriffs der Hizbullah zu. „Es ist ihre Strategie, sich hinter Zivilisten zu verbergen.“ Die israelische Armee bemühe sich in der Regel, die Bewohner vorab zum Verlassen der Orte aufzurufen, die angegriffen werden sollen. Im Fall des Angriffs auf Nasrallah sei das indessen nicht möglich gewesen: „Er wäre nicht eliminiert worden, wenn wir gewarnt hätten.“
Hizbullah meldet Angriffe
Shoshani hob hervor, dass Nasrallah „einer der erfahrensten und gefährlichsten Terroristen auf der Welt“ gewesen sei. Er habe im Verlauf der 32 Jahre an der Spitze der Hizbullah nicht nur Terrorattacken gegen Israelis in Auftrag gegeben, sondern auch gegen Juden in anderen Ländern sowie gegen Bürger anderer Länder. Unter seiner Führung sei Libanon zu einer „bewaffneten Basis“ geworden, bestückt mit fortschrittlichen Präzisionsraketen, die sich gegen Israel und die ganze Region richteten. Nasrallah habe wiederholt geschworen, Israel und die Juden zu vernichten. Gegen diese terroristische Bedrohung gehe Israel nun vor, sagte Shoshani.
Mit Blick auf die Tötung Nasrallahs sagte Shoshani: „Wir hoffen, dass dies den Kurs der Hizbullah ändert.“ Zugleich äußerte er aber, Israel gehe davon aus, dass die Organisation Israel weiter attackieren wird. Man sei darauf vorbereitet – auch auf eine regionale Eskalation, die Iran einschließe.
Wie zu Bestätigung meldete sich die Hizbullah am Samstagmittag. Sie habe mehrere Raketenangriffe auf Israel durchgeführt, hieß es. Sie habe eine Gruppe Soldaten mit Artilleriegranaten im Norden des Landes beschossen und auf den Ort Sa´ar sei eine Raketensalve abgefeuert worden. Als Reaktion auf die „brutalen israelischen Angriffe“ seien außerdem Raketen auf den Ort Rosch Pina gefeuert worden.