Wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ein Dialogformat, um mit Bürgern über Sachthemen ins Gespräch zu kommen. Es heißt „Jetzt“ und führt ihn derzeit kreuz und quer durch Deutschland. Als Bundesfinanzminister, nicht als FDP-Bundesvorsitzender sei er gekommen, betont Lindner am Donnerstagnachmittag gleich mehrfach im Colosseum-Theater, einer ehemaligen Krupp-Maschinenhalle im Zentrum von Essen, kirchenschiffhoch und umgebaut. Es ist Lindners zehnte Station, rund 150 Bürger sind gekommen.
Schon allein weil Sachfragen häufig politische Fragen sind, ist eine scharfe Rollentrennung eine Fiktion. Hinzu kommt: Der mit allen rhetorischen Wassern gewaschene Lindner legt es stets darauf an, als Mann der klaren Überzeugungen wahrgenommen zu werden. In Essen nutzt der Finanzminister die Frage eines jungen Mannes, ob seine Rente in 42 Jahren noch sicher sei, um zu einem flammenden Plädoyer für das FDP-Herzensanliegen der kapitalgedeckten Altersvorsorge anzusetzen. Aus dem Hinweis eines anderen Teilnehmers, der Bund solle auf die doppelte Buchführung umstellen, entwickelt Lindner nach einem kurzen Fachdialog ein Bekenntnis zur Schuldenbremse.