Zwei Schriftstellerinnen, die sich gut kennen. Beide haben über das Altern geschrieben: Eva Demski mit ihrem Buch „Plunderkammer“ und Elke Heidenreich mit „Altern“. Als Freundinnen und „Streiterinnen“ sitzen sie am Mittwoch auf der Literaturbühne der Frankfurter Buchmesse, beide gekleidet im „Tigerlook“, wie sie selbst sagen.
Es geht heiter zu, mit viel Gelächter aus dem Publikum, und das bei einem Thema, vor dem die meisten eher Angst haben dürften. Doch so viel wird gleich nach den ersten drei Minuten klar: Hört man Heidenreich und Demski über das Altern sprechen, die eine mehr als 80 Jahre alt, die andere in diesem Jahr 80 geworden, ist jede Angst verflogen.
Das dritte Jahr in Folge moderiert Jagoda Marinić die Talkreihe „SheRoes – Streiterinnen für die Zukunft“, zu der sie die Frauen auf das Podium geladen hat. „Was hat Ihr Buch mit Zukunft zu tun?“, fragt sie Heidenreich zu Beginn des Gesprächs. Nicht mit der Zukunft, sondern mit der Gegenwart habe es zu tun, erwidert die Schriftstellerin prompt.
Die Welt „bei einer Reise ums eigene Zimmer“ entdecken
Da „die Alten“ mittlerweile eine lange Zukunft hätten, lohne es sich wirklich nicht, zu Hause zu sitzen und nur an den Tod zu denken. „Man kann rausgehen und jeden Tag ein Glas Wein trinken. Der Tod findet uns schon.“ Angst habe sie nicht, weder vor dem Altern noch vor dem Tod, höchstens vor Krokodilen, sagt Heidenreich und lacht. In diesem Alter sei das Leben nur noch eine vage Option. Sie sei dankbar für das, was sie noch alles machen könne.
Auch Demski empfindet diese Dankbarkeit. Als Publizistin war sie viel auf Reisen. Einen „hübschen Weg“ in den Mikrokosmos, in den eigenen „Plunder“ zu finden und „die Welt zu entdecken bei einer Reise ums eigene Zimmer“ – dafür sei sie dankbar.
Auch über das Thema Gendern sprechen die beiden. „Gendern, das machen wir nicht, oder?“, fragt Demski die Freundin. „Nein“, erwidert Heidenreich. „Susan Sontag hat ihr Leben lang dafür gekämpft, als Autor bezeichnet zu werden. Ich bin ein Autor!“
Ob die beiden noch für etwas in der Welt kämpften, möchte Marinić wissen. „Welt“ – das sei Demski zu groß gedacht. Wirklich etwas tun könne sie nur im eigenen Viertel, in der eigenen Ecke, in der eigenen Stadt, vielleicht noch in der Nachbarstadt. „Keiner ist in der Lage, einen Bereich zu überblicken, der größer ist als ein mittleres Wirtshaus“, habe einer ihrer Lieblingsanarchisten, Leopold Kohr, einmal gesagt. Sie finde, er habe recht. „Und ich habe mich in meinem mittleren Wirtshaus mit Gästen eingerichtet.“ Applaus aus dem Publikum.
Altersvorbilder hätten beide nie gehabt. Heidenreich habe aussehen wollen wie Audrey Hepburn, als sie jung war – das habe nicht funktioniert. Später wollte sie schlau sein wie Susan Sontag, aber die habe sie dann kennengelernt und gedacht: „Eine ekelhafte Person.“ Also doch kein Vorbild, aber das sei scheinbar auch nicht nötig: „Das Schöne am Altern ist doch, dass man mit sich selbst ausgesöhnt ist.“