Die Union hat sich skeptisch zu einem Vorschlag von Finanzminister Christian Lindner (FDP) zur künftigen Bundeswehrfinanzierung geäußert. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), sagte, der Vorschlag könne kaum ernst genommen werden, Lindner sei „der Architekt der Unterfinanzierung der Bundeswehr“. Der CDU-Haushaltspolitiker Ingo Gädechens sprach von „Verrechnungstricks“ und sagte der F.A.Z., anstatt die bestehenden Probleme tatsächlich zu lösen, würden in der Ampelkoalition lieber „Phantomdebatten“ geführt. Die Opposition bemängelt seit geraumer Zeit, dass die Zeitenwende bei den Streitkräften nicht nachhaltig finanziert ist.
Lindner hatte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur angeregt, die Rückzahlung für die hohen Corona-Kredite zu strecken und das dadurch übrige Geld, etwa neun Milliarden Euro pro Jahr, für die Bundeswehr zu nutzen. Möglich wäre dies, so Lindner, weil die Obergrenze für die Staatsverschuldung trotz niedrigerer Rückzahlungen eingehalten werden könnte.
Erstmals unterbreitete Linder damit einen Vorschlag, wie die Lücke zwischen politischen Ankündigungen und finanzieller Grundlage verkleinert werden könnte, wenn in absehbarer Zeit die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr aufgebraucht sind. Um auch nach dieser Zeit das Zweiprozentziel gegenüber der NATO einzuhalten, müsste der Verteidigungsetat allerdings von derzeit 50 Milliarden Euro auf wenigstens 75 Milliarden Euro steigen.
Hahn: Neun Milliarden Euro reichen nicht aus
CSU-Politiker Hahn sagte dazu, weder der Finanzbedarf noch das Zweiprozentziel könnten nach Auslaufen des Sondervermögens erreicht werden durch eine „marginale Erhöhung von neun Milliarden Euro“. Lindner solle „jetzt nicht mit Scheinlösungen“ hantieren, sondern belastbare Wege zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit und ausreichenden Finanzierung der Bundeswehr gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ausarbeiten. „Dabei muss sich die Finanzierung der Bundeswehr im Regelhaushalt abbilden.“ CDU-Politiker Gädechens sagte: „Die Ampel ist nach wie vor nicht bereit, die aus dem Ukrainekrieg resultierenden haushaltpolitischen Konsequenzen umzusetzen – und das wäre eine zwingende finanzielle Stärkung der Bundeswehr, eben auch zulasten anderer Ausgabebereiche.“
Unterdessen zeigte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) offen für ein weiteres Sondervermögen. „Wir haben schon einmal ein Sondervermögen auf den Weg gebracht, das wäre eine Möglichkeit“, sagte sie am Mittwoch.
Auf Zustimmung war Lindners Vorschlag bei der SPD gestoßen. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dennis Rohde, sagte dem ARD, sollte die deutsche Schuldenquote 2028 unter 60 Prozent liegen, könnte man mit der Tilgung der Pandemieschulden auch später beginnen – und die frei werdenden Mittel in Sicherheit und Verteidigung stecken. „Die Modernisierung unserer Bundeswehr muss weiter auf Rekordtempo gehalten und die NATO-Ziele im Bundeshaushalt stringent verfolgt werden.“ SPD-Verteidigungspolitiker Andreas Schwarz hingegen sagte der Mediengruppe Bayern, Lindners Vorschlag sei „nicht mal im Ansatz“ genug. Die Finanzierung der Verteidigung dürfe nicht von Corona-Tilgungen abhängig sein. Sonst sende man „das falsche Zeichen an Putin und unsere Bündnispartner“.
Der Haushaltspolitiker der Grünen, Sven-Christian Kindler, sagte, seine Partei habe schon früher einen ähnlichen Vorschlag gemacht und 2021 angeregt, die Tilgung der Notkredite zu strecken. Er warb dafür, über eine Lockerung der Schuldenbremse zu verhandeln, was Lindner jedoch ablehnt.