Die Bilder waren gleich wieder da. Beim Déjà-vu von Paris wurden böse Erinnerungen wach. Wie vor einem halben Jahr beim bisher letzten Auftritt von Borussia Dortmund in der Champions League standen die Fußballspieler in Gelb und Schwarz beim Schiedsrichter und konnten dessen Entscheidung nicht fassen: Elfmeter wegen Handspiels. Seinerzeit pfiff Danny Makkelie beim Achtelfinal-Rückspiel beim FC Chelsea nach einer Aktion von Marius Wolf, nun war es Jesús Gil Manzano zum Vorrundenstart bei Paris St.-Germain bei Niklas Süles Handlung.
Der Elfmeter in London führte damals zum Ausscheiden aus dem Wettbewerb, der in Paris trug maßgeblich zur 0:2-Niederlage der Dortmunder bei. Kylian Mbappé verwandelte am Dienstagabend im Prinzenpark-Stadion den Strafstoß (49. Minute), der frühere Borusse Achraf Hakimi legte wenig später nach zum Endstand (58.). „Wir haben in den letzten Jahren darüber diskutiert und wir werden es weiter tun. Aber solange es diese klare Linie nicht gibt, wird sich nichts ändern“, sagte Trainer Edin Terzić bei „Prime Video“.
Nicht alle Dortmunder sahen die Sache so sachlich. Fast alle Spieler umzingelten den Unparteiischen auf dem Rasen. „Ich habe den Schiedsrichter gebeten rauszugehen und es sich anzusehen. Das hat er nicht gemacht“, sagte Kapitän Emre Can. Nach einem Schuss von Mbappé hatte Süle den Ball gegen den Arm bekommen im Strafraum. Absicht war nicht erkennbar, der Kontakt erschien unglücklich. „Auf dem Platz habe ich gesehen, dass Niklas mit der Hand spielt, aber er fällt und muss sich irgendwo abstützen“, sagte Can.
Richtiggehend in Rage redete sich Matthias Sammer, der nicht nur „Prime Video“-Experte ist, sondern auch bei den Dortmundern als externer Berater unter Vertrag steht. Ihm ging es bei seiner Kritik am Schiedsrichter weniger um die konkrete Szene mit Süle und die Auslegung von strafbarem oder nicht strafbarem Handspiel, sondern um das Auftreten von Gil Manzano. „Ich bin froh, dass bald die Künstliche Intelligenz kommt. Weil so, wie der Schiedsrichter hier über den Platz stolziert ist, finde ich, macht das keine Freude mehr.“
Sammer sieht ein schlechtes Vorbild an entscheidender Stelle: Roberto Rosetti, Vorsitzender der Schiedsrichterkommission der Europäischen Fußball-Union. „Wenn der so um das Stadion stolziert, denke ich immer: Na ja, wenn da die Jünglinge das sehen, denken sie das Stolzieren ist richtig“, sagte Sammer. Es sei klar, ein Schiedsrichter müsse eine gewisse Autorität haben. Aber: „Ich mag dieses Arrogante, dieses Abwinken nicht. Und dementsprechend fand ich schon, dass das eine totale Fehlentscheidung war – und spielentscheidend.“
Nicht nur das Spiel an sich, auch der Dortmunder Spielplan hatte Hand und Fuß. Terzić hatte sich eine für seine Mannschaft ungewohnte Taktik einfallen lassen. Mit einer Fünferkette in der Defensive sollte die gegnerische Offensive um die ach so schnellen Außenstürmer Mbappé und Ousmane Dembélé eingefangen werden, vor Dortmunds Dreierblock im Mittelfeld wiederum sollten die flinken Donyell Malen und Karim Adeyemi bei Kontern davonlaufen. Doch an der Umsetzung haperte es erheblich, vor allem in der ersten Halbzeit.