In Erfurt stellen an diesem Freitag CDU, BSW und SPD den Koalitionsvertrag für eine Brombeer-Koalition in Thüringen vor. Wie die F.A.Z. erfuhr, hat der CDU-Landesvorsitzende Mario Voigt die Weichen für eine Einigung mit der BSW-Bundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht gestellt, indem er persönlich mit ihr eine Formel für das umstrittene Thema der Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen aushandelte.
Sie soll sinngemäß so lauten, dass die Parteien die Stationierung kritisch sehen, solange sie nicht souverän von Deutschland beschlossen worden sei. In dieser Formel ist die von Wagenknecht geforderte Kritik an der Stationierung enthalten, sie wird aber durch die Kondition wiederum für CDU und SPD relativiert. Voigt hatte schon früh den direkten Kontakt zu Wagenknecht gesucht und sich mit ihr persönlich in einem Restaurant in Berlin getroffen.
Koalition will Amnestie für Corona-Strafen „prüfen“
Das Einlenken Wagenknechts, die sich zunächst gegen eine Regierungsbeteiligung des BSW in Thüringen gewandt hatte, geht nach Informationen der F.A.Z. auch darauf zurück, dass sie persönlich am Sonntag viele Änderungen in den Entwurf des Koalitionsvertrags einfügte, die zu einem großen Teil in den abschließenden Verhandlungen am Montag und Dienstag übernommen wurden. Dazu gehört ein Genderverbot an Schulen. Zudem soll die Nutzung von Handys an Grundschulen während der Schulzeit verboten sein, Tablets sollen erst ab der 7. Klasse eingeführt werden.
Auch hat Wagenknecht ein Amnestiegesetz im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie im Koalitionsvertrag als Prüfauftrag durchgesetzt. So soll geprüft werden, ob Bußgelder oder andere Strafen, die gegen Menschen verhängt wurden, die gegen die Corona-Auflagen verstoßen haben, aufgehoben oder kompensiert werden können.
Neben der Festlegung, dass Voigt Ministerpräsident werden soll, haben sich die drei Parteien nach F.A.Z.-Informationen am Donnerstag darauf geeinigt, dass die CDU vier Ministerposten, das BSW drei und die SPD zwei bekommt. Bei der CDU hätte der Chef der Staatskanzlei einen Ministerrang. Die Zahl der Ministerien wäre die gleiche wie bei der Vorgängerregierung aus Linken, SPD und Grünen.
Die Verteilung der Ressorts ist noch nicht festgelegt. Alle drei Parteien sollen Interesse an der Übernahme der Schlüsselressorts Finanzen und Wirtschaft bekundet haben. Von der Thüringer BSW-Vorsitzenden Katja Wolf ist bekannt, dass sie sich den Posten der Finanzministerin vorstellen könnte. Der bisherige Innenminister Georg Maier von der SPD ist am Wirtschaftsressort interessiert; Maier hat früher als Staatssekretär im Erfurter Wirtschaftsministerium gearbeitet und ist von Beruf Banker. Als sicher gilt, dass die CDU das Bildungsministerium übernehmen wird.