Die Stimmung ist mies. Eine schwächelnde Weltwirtschaft, trübe Konjunkturaussichten für Deutschland für das Jahr 2024, gestiegene Zinsen, die Krisenherde der Welt – die Sektkorken können zu Silvester in den Flaschen bleiben. Woher nur sollen die Wachstumsimpulse für die Wirtschaft kommen, woher steigende Unternehmensgewinne, die die Anleger an der Börse in Hochstimmung versetzen? Das Börsenjahr 2024, es scheint schon jetzt verloren.
Der Schein trügt. Die Jahresendrally 2023 hat den deutschen Aktienindex Dax zwischendurch auf eine neue Höchstmarke von mehr als 17.000 Punkten katapultiert – aller negativen Vorgaben zum Trotz. Die andauernde Zinspause mit der Aussicht auf mögliche Zinssenkungen im nächsten Jahr hat ihre Wirkung auf die Märkte nicht verfehlt. Sinken die Zinsen, dann werden auch die Finanzierungen für Unternehmen wieder günstiger, um dringend notwendige Investitionen zu tätigen. Das ist entscheidend. Investitionen sind der Haupttreiber dafür, dass das Börsenjahr 2024 überhaupt kein schlechtes werden muss – ganz im Gegenteil.
Tummelplatz der Polykrisen
Die Welt ist ein Tummelplatz der Polykrisen. Erst im Rückblick werden Historiker einordnen können, ob diese Jahre wirklich so viel mehr Krisen zu bieten hatten als vorangegangene Perioden oder ob man auf Grund des Internets und der Sozialen Medien schlicht mehr und schneller mitbekam als früher, wo sich Dramen abspielten. Jede Krise bringt neue Herausforderungen mit sich, die aber auch zwangsläufig Chancen zur Wertsteigerung von Unternehmen bieten. Allein die Energiekrise hat den Druck, alternative Energiequellen zu erschließen, in einem Maß erhöht, das vor noch nicht allzu langer Zeit nicht vorstellbar gewesen wäre. Das bringt auch neue Geschäftsmodelle hervor, die bislang nicht aus den Kinderschuhen herausgekommen sind.
Man muss für Krisen wahrlich nicht dankbar sein. Der Satz des ehemaligen britischen Premierministers Winston Churchill aber, wonach es gelte, keine Krise zu verschwenden, ist unverändert aktuell. Die großen Ölkonzerne wie BP, Shell oder auch Exxon Mobil haben in den vergangenen zwei Jahren seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges Milliarden mit fossilen Brennstoffen verdient. Völlig unerwartet waren Öl und Gas aus nicht-russischen Quellen wieder gefragt – aller Nachhaltigkeitsdiskussionen zum Trotz. Genau diese Konzerne wissen aber auch: Es ist ein betriebswirtschaftliches Zwischenhoch. Die Abkehr von fossilen Brennstoffen ist eingeleitet.
Die Konzerne sind längst damit beschäftigt, die Transformation hin zu Energieversorgern aus Wind, Sonne und Wasserstoff weiter zu forcieren. Sie wissen, dass ihre eigene Überlebensfähigkeit an genau diesen Themen hängt, um die Fortführung des eigenen Geschäftsmodells, aber auch die Gunst der Investoren zu sichern. Wer heute noch meint, mit CO2-Schleudern oder undurchsichtigen Lieferketten die Zukunft bestreiten zu können, darf als Auslaufmodell gelten. Dass sogar ein selbst erklärter Turbokapitalist wie Larry Fink, der Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, auf den Zug der Nachhaltigkeit aufgesprungen ist, kann nur eines heißen: Es gibt keine renditeträchtigere Alternative mehr.
Auch die Digitalisierung wird von keiner aktuellen oder zukünftigen Krise aufgehalten werden. Wer es als Unternehmen schafft, Künstliche Intelligenz so einzusetzen, dass sie nicht zur Kür verkommt, sondern echte Effizienzgewinne hervorbringt, wird mit steigenden Unternehmensgewinnen belohnt. Allmählich müssten auch die letzten verstanden haben, dass Digitalisierung nicht einfach nur bedeutet, Papierberge in eine virtuelle Cloud zu verlegen. Echte Digitalisierung transformiert Geschäftsmodelle. Sie legt Kapazitäten für neues Denken frei und fördert völlig neue Ideen zu Tage. Wem das zu abstrakt erscheint, der möge nur an die Erfindung des I-Phones denken. Der frühere Apple-Chef Steve Jobs verkaufte der Welt die Idee eines Internets für unterwegs. Eine Erfindung, von der viele sehr lange dachten: Wozu soll das bitte gut sein?
Das Börsenjahr 2024 wird Rückschläge erleben. Unsicherheit und Misstrauen gehören zu den Wesenszügen von echten Menschen, die das Geschehen an den Märkten noch immer bestimmen. Mut aber auch. Er wird auch 2024 an der Börse belohnt werden. Aktienanleger werden auch im kommenden Jahr ihre Freude haben und Kursverluste als Kaufkurse betrachten. Und zudem: Mit den gestiegenen Zinsen sind auch Anleihen wieder eine echte Alternative, Immobilien sind es sowieso. Der Mix im Depot gewinnt. Der Dax bei 19.000 Punkten, die Reise startet jetzt.