Es ist die große Frage, die im Moment nicht nur die Notenbanken der Welt bewegt: Ist es endlich vorbei mit der gewaltigen Welle der Inflation – und was kann man daraus lernen? Auf der jährlichen Notenbanker-Konferenz „The ECB and its Watchers“ an der Frankfurter Goethe-Universität, organisiert von Wirtschaftsprofessor Volker Wieland, wurde am Mittwoch intensiv darüber diskutiert. Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), zeigte sich zuversichtlich, dass die Inflation im Euroraum im Jahresverlauf weiter zurückgehen werde – auch wenn die Notenbank darüber aktuell noch keine ausreichende Gewissheit habe. Sie bekräftigte ihre Andeutungen der jüngsten Zeit, dass es im Juni zur ersten Zinssenkung kommen könnte: „Bei der Sitzung im April werden wir etwas mehr wissen, im Juni viel mehr.“
Das Prinzip, sich nicht zu sehr auf die Inflationsprognosen zu verlassen, sondern von Sitzung zu Sitzung zu schauen, wie sich die Lage entwickele, wolle die Notenbank beibehalten, hieß es. Auch nach der ersten Zinssenkung demnächst werde sich die EZB nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad festlegen können: Erste Zinssenkungen hätten nicht automatisch weitere Senkungen zur Folge. Lagarde gab erhebliche Prognosefehler der EZB in der Inflationswelle zu. Man werde nun weiter „datenabhängig“ vorgehen und dabei drei Kriterien ansetzen: die Inflationsaussichten, die Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und die Stärke der geldpolitischen Transmission; mit Letzterer ist gemeint, dass die Notenbank auch darauf blicken will, wie ihre Geldpolitik in der Wirtschaft des Euroraums ankommt. Zudem sehe sie drei zentrale Faktoren, die für die weitere Entwicklung der Inflation entscheidend seien: die Lohnentwicklung, die Gewinnmargen der Unternehmen und das Produktivitätswachstum.