Am gestrigen Tage ist eine ebenso überraschende wie unheilvolle Entwicklung des Marktwertes eingetreten. Nachdem die ersten New Yorker Frühkurse sich auf der Basis von 0,00018 Cent für eine Mark bewegt hatten, trat unmittelbar ein plötzlicher Rückgang auf 0,00013 Cent ein; im ganzen Verlauf des gestrigen New Yorker Börsentages hielt sich der Kurs auf diesem letzteren Stand, nachbörslich lediglich verändert auf 0.000135 Cent. In deutsche Ziffern umgerechnet, stellt dieser letztere Markkurs einen Wert von nicht weniger als 7,40 Millionen Mark pro Dollar dar. Man darf daran erinnern, dass die gestrige, aus Angebot und Nachfrage des Handel selbstständig erwachsene Frankfurter amtliche Notiz den Betrag von 5 Millionen Mark pro Dollar nicht ganz erreicht hatte, während Berlin die Reichsbank die offizielle Notiz mit 4,20 Millionen Mark noch diktiert hatte – das in Fortsetzung ihrer Scheinintervention.
Alle Beobachtungen der international tätigen deutschen Finanzkreise stimmen darin überein, dass es ausländische Einflüsse keineswegs rein geschäftlicher Art sind, die diesmal den abrupten Sturz der deutschen Markwährung, den abzuwehren unsere materiellen Kräfte sich als ungenügend erwiesen, veranlasst haben. Es ließ sich bereits seit einiger Zeit beobachten, dass immer wieder eine starke Devisennachfrage auch bei uns aus dem europäischen Westen, von Frankreich her vorlag, die den Markkurs dauernd in hohem Grade ungünstig beeinflusste.
Es ist kaum daran zu zweifeln, dass die französische Politik, die in dem gegenwärtigen Schwebezustand der Ruhr- und Reparationskrise auf einen raschen Niedergang der deutschen Abwehrkräfte gerichtet ist und die bis zur weiteren Entwicklung der politischen Krise noch offene Zeitspanne in ihrem Sinne auszunützen sucht, auch am Devisenmarkt arbeitet. Es liegt auf der Hand, dass für jede deutsche Regierung starke Positionserschwerungen entstehen müssen, wenn ihre Amtsperiode eingeleitet und begleitet wird von den erschütternden und zerstörenden Umwälzungen, die derartige Währungsturbulenzen in der deutschen Wirtschaft und in der Lebenshaltung der Massen der Bevölkerung hervorrufen müssen.
Die Aktionen zur Senkung des Markkurses an den internationalen Finanzplätzen qualifizieren sich als Manöver gegen jeden Versuch einer Konsolidierung in Deutschland, sie sind offenbar Begleiterscheinungen des politischen Kampfes, den Frankreich führt, um eine Beendigung der Ruhrkrise im Sinne seiner Politik zu erzwingen. Nicht nachdrücklich genug kann auf diese Verhältnisse hingewiesen werden. Es liegen Sabotageversuche gegen die deutschen Anstrengungen zur Ordnung seiner Innenlage vor, Sabotageversuche gegen die Bemühungen der Umwelt, soweit diese in richtiger Erkenntnis der allgemeinen Gefahrenlage einen Abbau des Kampfzustandes erstrebt, den Europa und die Weltwirtschaft belastet.
Deutschland selbst macht die energischsten Anstrengungen, dem Unglück am Devisenmarkt zu begegnen. Am 10. August ist das Verbot des Markverkaufs nach dem Ausland in Kraft getreten; von Deutschland aus ist damit das kursdrückende Markangebot an den fremden Finanzplätzen zum mindesten sehr stark beschränkt. Wenn trotzdem der Kursdruck sich fortsetzt, so mag die Beeinflussung der Mark zwar durch die ungünstigen Verhältnisse der deutschen Innenlage, der Handelsposition und der staatsfinanziellen Situation erleichtert werden.
Dem steht aber gegenüber die großen Anspannung aller Kräfte zur Erleichterung des Staatsbudgets, zur Abbremsung der Inflation und die Maßregeln, mit denen soeben das jüngst gebildete Reichskabinett dem Währungszerfall entgegenzutreten entschlossen ist. Deutschland kann von dem gesunden Urteil und von der Einsicht der Umwelt erwarten, dass ihm Gelegenheit und Zeit gelassen wird, dem sich entwickelnden Unglück entgegenzuarbeiten.