Begleitet von wachsender Kritik haben die Lokführer der Deutschen Bahn ein weiteres Mal die Arbeit niedergelegt. Der Streik im Personenverkehr begann in der Nacht zum Dienstag um 2.00 Uhr und soll 24 Stunden dauern, wie eine Bahnsprecherin am Morgen bestätigte. Fahrgäste müssen mit großen Einschränkungen rechnen. Die Bahn hat einen Notfahrplan organisiert, der im Fernverkehr etwa ein Fünftel des Zugverkehrs sichert. Auch der Regionalverkehr und die S-Bahnen der Deutschen Bahn sind betroffen. Dort kann sich das Angebot je nach Region stark unterscheiden. Auch nach dem Ende des Streiks am Mittwoch müssen Fahrgäste weiter mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Im Güterverkehr begann der Streik schon am Montagabend.
Es ist bereits der sechste Arbeitskampf der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in der laufenden Tarifrunde. Die Bahn versuchte am Montag erfolglos, den Streik noch gerichtlich stoppen zu lassen und kündigte daraufhin an, vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht in Berufung gehen zu wollen.
Das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main hatte einen Eilantrag des Konzerns auf einstweilige Verfügung gegen den neuerlichen Arbeitskampf abgelehnt und den Streik als zulässig eingestuft. „Die DB wird nun in der zweiten Instanz vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht das Urteil überprüfen lassen“, hieß es in einer Erklärung des Konzerns. „Im Sinne unserer Kundinnen und Kunden tun wir deshalb alles, um den Wellenstreik noch zu stoppen.“
Der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky erklärte nach der Entscheidung: „Das Gericht hat es zum wiederholten Male bestätigt: Die Streiks der GDL sind verhältnismäßig, zulässig, rechtmäßig und somit geeignet, die berechtigten Forderungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner mittels Arbeitskampf weiter zu verfolgen.“ Die Lokführergewerkschaft hoffe nun, „dass das Landesarbeitsgericht Hessen die Rechtmäßigkeit unserer Arbeitskampfmaßnahmen bestätigt“, sagte er.
Die Entscheidung vom Arbeitsgericht kam etwas mehr als drei Stunden, nachdem am Montagabend um 18 Uhr der Bahnstreik im Güterverkehr angelaufen war. Ein Bahn-Sprecher sagte, dass es seitdem zu erheblichen Einschränkungen komme. „Die Cargobetriebe werden seither flächendeckend bestreikt.“
Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck von den Grünen kritisierte den Tarifstreit zwischen Bahn und Lokführern. In der Zeitung „Tagesspiegel“ forderte er eine schnelle Einigung: „Der Bahnstreik darf nicht dazu führen, dass der Tarifstreit zwischen Gewerkschaft und Bahn jetzt über Wochen auf dem Rücken von Wirtschaft und Passagieren ausgetragen wird. Bei allem Respekt – dafür habe ich kein Verständnis mehr.“ Weiter sagte er: „Es geht um Millionen von Pendlern, die zu ihrem Arbeitsplatz müssen und große Mengen von Gütern, die unsere Wirtschaft und damit auch das Land dringend braucht.“
Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) kämpft um höhere Gehälter und weniger Arbeitszeit. Knackpunkt ist weiter die Forderung, dass Schichtarbeiter für das gleiche Geld 35 Stunden statt 38 Stunden in Woche arbeiten sollen. Neue Streiks kündigt die GDL nicht mehr 48 Stunden vor Beginn an, sondern kurzfristiger. Bei diesem Streik am Montagabend respektive Dienstagfrüh lag kein ganzer Tag dazwischen. Auch Streiks über Ostern hat die GDL nicht ausgeschlossen.
Deutsches Staatsoberhaupt vom Streik betroffen
Auch das Bundespräsidialamt musste die Dienstreisen von Frank-Walter Steinmeier neu planen: Am Dienstag steht für den Bundespräsidenten eine Reise nach Ostwestfalen an, die er nun per Hubschrauber antreten werde. Bei dem straffen Zeitplan, der für seinen dreitägigen Besuch in der Stadt Espelkamp im Kreis Minden-Lübbecke vorgesehen ist, sei es angesichts des angekündigten Streiks auf der Schiene zu riskant auf die Bahn zu setzen, hieß es am Montag aus dem Bundespräsidialamt. Weil mit vollen Autobahnen zu rechnen sei, sei auch das Auto keine gute Alternative. Stattdessen werde Steinmeier mit dem Hubschrauber bis ins etwa 40 Kilometer entfernte Bückeburg in Niedersachsen fliegen und von dort mit dem Auto zum Zielort fahren.
Der Hubschrauber sei „nicht das Transportmittel der Wahl bei planbaren Terminen“, hob ein Sprecher des Bundespräsidenten hervor. Er komme nur äußerst selten zum Einsatz. Ursprünglich wollte das Staatsoberhaupt mit der Bahn bis zum Bahnhof von Espelkamp anreisen. Im Rahmen der Reihe „Ortszeit Deutschland“ verlegt der Bundespräsident bereits zum zehnten Mal seinen Amtssitz für mehrere Tage von Berlin in eine Region.