Matthias Glasners Drama „Sterben“ um eine zerrüttete Familie ist beim Deutschen Filmpreis mit der Goldenen Lola ausgezeichnet worden. Das gab die Deutsche Filmakademie am Freitagabend in Berlin bekannt. Der dreistündige Film gewann insgesamt vier Preise: Neben der besten Filmmusik (Lorenz Dangel) wurde Corinna Harfouch als beste Hauptdarstellerin geehrt, Hans-Uwe Bauer für die beste männliche Nebenrolle.
„Sterben“ ist ein komplexes und vor allem schonungsloses Drama. Doch anders als der Titel vermuten lässt, ist „Sterben“ eigentlich ein Film über das Leben in all seinen Facetten: Liebe, Trauer, Verlust, Tod und Geburt.
Ausgangspunkt ist der Tod des demenzkranken Vaters Gerd (Bauer). Das zwingt die Mitglieder der Familie Lunies, sich wieder miteinander auseinanderzusetzen. Liebe, Zuneigung und Herzenswärme sind Fremdworte für sie. Die Situation eskaliert, als klar wird, dass auch die schwer kranke Mutter (Harfouch) kurz vor dem Ende ihres Lebens steht.
„Ich bin ganz schön durch den Wind“
Als er den Preis entgegennahm, sagte Regisseur Glasner auf der Bühne: „Ich muss zugeben, es war ein echt aufregender Abend. Ich bin ganz schön durch den Wind, ehrlich gesagt.“ Schauspieler Lars Eidinger, der als bester Hauptdarsteller für „Sterben“ nominiert war, gratulierte per Video-Live-Schalte.
Der Historienfilm „Der Fuchs“ von Adrian Goiginger über die sonderbare Beziehung eines Soldaten zu einem Fuchs im Zweiten Weltkrieg gewann die Lola in Silber. Schauspieler Simon Morzé bekam eine Auszeichnung für die beste männliche Hauptrolle.
Die Lola in Bronze ging an den Politthriller „Im toten Winkel“ von Ayşe Polat. Die Regisseurin wurde auch mit einem Filmpreis für die beste Regie und das beste Drehbuch ausgezeichnet. Die Österreicherin Adele Neuhauser nahm die Lola als beste Nebendarstellerin im Drama „15 Jahre“ mit nach Hause.
Der Deutsche Filmpreis gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen der Branche. Die Nominierungen und Auszeichnungen sind mit insgesamt rund drei Millionen Euro für neue Projekte dotiert. Das Geld stammt aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne).
Sandra Hüller und Ilker Çatak laudatieren
Zur Verleihung waren rund 1600 Gäste in das Theater am Potsdamer Platz eingeladen. Laudatoren waren unter anderem die jüngst oscarnominierte Schauspielerin Sandra Hüller und der Regisseur des oscarnominierten Films „Das Lehrerzimmer“, Ilker Çatak.
Im Vergleich zum vergangenen Jahr gab es keinen eindeutigen Abräumer. 2023 hatte „Das Lehrerzimmer“ neben der Goldenen Lola für den besten Spielfilm vier weitere Preise gewonnen, der Antikriegsfilm „Im Westen Nichts Neues“ von Edward Berger, der bei den Oscars vier Preise geholt hatte, kam sogar auf neun Auszeichnungen.
Die Ehrenpreisträgerin 2024, Hanna Schygulla, verzettelte sich auf der Bühne – und sorgte für Lacher und ein amüsiertes Saalpublikum. Die Deutsche Filmakademie zeichnete die 80-Jährige für ihre herausragenden Verdienste um den deutschen Film aus. Schygulla („Die Ehe der Maria Braun“) sagte: „So viel Ehre. Früher konnte ich das Wort überhaupt nicht leiden. Aber jetzt fühl’ ich doch, dass es mir auch guttut“. Als die Veranstalter Musik einspielten, die das Ende der Rede markieren sollte, blieb Schygulla noch auf der Bühne. Sie falle als Ikone auch mal gern aus dem Rahmen, sagte sie.
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer wandte sich mit einem dringlichen Appell an die Filmschaffenden. „Als ich vor 14 Jahren zurückgekommen bin, hätte ich es mir nicht träumen lassen, was jetzt in der Öffentlichkeit los ist. So hat es damals auch angefangen“, sagte die 102-Jährige. „In diesem Raum sitzen ganz viele Geschichtenerzähler. Ihr habt die Verantwortung, die Kraft des Films zu nutzen, damit so etwas nie wieder passiert“, sagte sie.