Für die Untersuchung nutzten sie Daten von 141 Millionen Menschen aus 1108 Bevölkerungsstudien. Einschlusskriterien waren das Alter über 18 Jahren sowie ein diagnostizierter Diabetes mellitus oder eine antidiabetische Therapie. Die Autoren stellten dabei eine Verdopplung der Zahlen zwischen den Jahren 1990 und 2022 von sieben auf 14 Prozent der Weltbevölkerung fest.
Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzschwäche, Gefäßverschluss, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie Nervenerkrankungen und andere Stoffwechselerkrankungen begünstigt und unbehandelt die Lebenszeit deutlich verkürzt. Während der Diabetes Typ 1 eine genetische, angeborene Erkrankung ist, entsteht Diabetes Typ 2 durch kontinuierlich erhöhte Blutzuckerwerte, etwa durch ungesunde Lebensmittel, wenig körperliche Aktivität, Adipositas und letztlich durch den fehlenden Zugang zu blutzuckersenkenden Medikamenten.
Besonders starke Zuwächse findet die Studie in den Ländern der unteren und mittleren Einkommen, den „low- and middle-income countries“ (LMICs). Auf den pazifischen und karibischen Inseln, im Nahen Osten, in Nordafrika, Pakistan und Malaysia sind mehr als 25 Prozent der Einwohner an Diabetes erkrankt. Sie haben damit weltweit relativ die größte Krankheitslast in der Bevölkerung. Unter den „high-income countries“ (HICs) sind die USA mit zwölf Prozent Diabetikern führend.
In den LMICs haben nur wenige Menschen Zugang zu effektiven Medikamenten. In einigen der Subsahara-Afrika-Länder wie Burkina Faso, Angola, Niger, Liberia und Benin erhalten nur fünf bis zehn Prozent der Betroffenen überhaupt eine Therapie. Dem steht Belgien mit einer Behandlung von etwa 80 Prozent der Diabetes-Erkrankten gegenüber.
Im Vergleich zu 1990 stieg die Zahl von Menschen mit unbehandeltem Diabetes sogar um das Dreieinhalbfache auf 445 Millionen Menschen im Jahr 2022. In absoluten Zahlen leben mit Abstand die meisten Menschen mit unbehandeltem Diabetes in Indien und China, insgesamt allein über 200 Millionen.
Die Autoren weisen darauf hin, dass der Anteil der Erkrankten im Vergleich zum Anteil der adäquat Behandelten über die letzten drei Jahrzehnte immer weiter gestiegen ist. So war die stärkste Zunahme an Diabetes in den LMICs zu verzeichnen, während die größten Verbesserungen der Therapie wiederum in den „high-income countries“ festgestellt wurde, also in Europa, Nordamerika und in Australien.
Veränderungen in den Ländern
Es gibt in dem Bericht auch gute Nachrichten: So ging die Zahl der an Diabetes erkrankten Frauen zuletzt in Japan, Spanien und Frankreich zurück.
Bei den Männern ist nur in Nauru ein Rückgang der Neuerkrankungen festgestellt worden. Der niedrigste Krankheitsstand wurde in Westeuropa und Ostafrika beobachtet.
Und die Studie zeigt eine weitere Ungleichheit auf. Denn während in den wohlhabenden Ländern mehr Männer Diabetes haben, sind es in den ärmeren Ländern mehr Frauen. Gleichzeitig ist der Zugang zu einer adäquaten Behandlung in den Ländern umgekehrt verteilt: Das heißt, den besonders betroffenen Bevölkerungsteilen wird weltweit weniger geholfen.
Die Autoren, die knapp eintausend Forscher umfassen, fordern einen niederschwelligeren Zugang zu Screeningtests, geringere Kosten für die antidiabetischen Medikamente und Aufklärungsarbeit zur Vermeidung von Diabetes insbesondere in den ärmeren Ländern des Globus. Als positive Vorbilder verweisen sie auf Initiativen gegen HIV oder Tuberkulose, die in den letzten Jahren viel bewirkt haben.
Einschränkend ist in der Methodik, dass die Autoren nicht zwischen dem angeborenen Diabetes Typ 1 und dem erworbenen Diabetes Typ 2 unterschieden. Zudem konnten sie für 25 Länder auf keine Daten zurückgreifen. Dort wurden die Zahlen mithilfe von umliegenden Ländern geschätzt.