Was haben Sie gerade gemacht und sofort liegenlassen, als DIE E-Mail kam? Am 30. Oktober gegen 16 Uhr ging die für Viele die langersehnte Nachricht im Postfach ein: „Phoebephilo.com ist jetzt geöffnet.“ Zuvor hat die Designerin es zwei Jahre lang extrem spannend gemacht.
Schon im Juli 2021 hatte Phoebe Philo angekündigt, dass sie ihr eigenes Label lancieren würde. Erst im Februar dieses Jahres wurde der gleichnamige Instagram-Account erstellt, im Juli konnte man sich für den Newsletter anmelden, um den Launch von Phoebe Philo im September nicht zu verpassen. Ende September dann die Nachricht: Die Kollektion wird ab dem 30. Oktober erhältlich sein. Ein Modekrimi. „51.312 Stunden später…“, schrieb die Modesammlerin Frédérique Gilain-Huneeus gestern ironisch auf Instagram.
Warum sind alle verrückt nach einer Kollektion von Phoebe Philo?
Phoebe Philo ist eine der einflussreichsten Designerinnen unserer Zeit. Zwischen 2001 und 2006 zeichnete sie für das französische Modehaus Chloé verantwortlich und entwarf dort flattrig-coole Kollektionen. Dann bekam sie ihr erstes Kind, legte eine Pause ein und kehrte 2008 als Kreativchefin für Céline, das damals noch einen Accent aigu trug, in die Mode zurück. Vor ihrem Debüt erklärte sie Journalisten, sie habe das Gefühl, dass die meisten Kollektionen das Leben der Frauen außer Acht gelassen haben. Das wolle sie zurückbringen.
Mit Erfolg. Die Britin gilt als die erste Designerin, die für den „female gaze“ entworfen hat. Dafür, wie Frauen sich fühlen und selbst sehen wollen. Oder wie Martina Lohoff, eine Sammlerin von Céline aus der Philo-Ära, es im Gespräch mit dem FAZ Magazin ausdrückte: „Wenn ich etwas von Céline anziehe, fühle ich mich sofort gut darin. Ich muss dafür nicht einmal in den Spiegel gucken. Der Kopf sagt mir, dass es toll ist.“ Philos Entwürfe waren tragbar und von eigenwilliger Eleganz, mit viel Liebe zum Handwerk gefertigt, komfortabel geschnitten und mit humorvollen Details gespickt.
Die Lancierung von Phoebe Philo kommt zu einer Zeit, in der man an der Mode ganz ähnliche Kritik äußern kann wie die Designerin vor 15 Jahren. In der es seltener um die Trägerinnen geht und stattdessen um Hypes und Entertainment. Für diesen Herbst haben einige Designer das bereits selbstkritisch reflektiert. Auf dem Laufsteg zeigten sie tragbare Kleider, gemacht für den Alltag, weniger für Selfies. Dass sie diese Trendwende auch mit Hinblick auf das angekündigte Comeback von Phoebe Philo vollzogen, ist gut möglich.
Der erste „Edit“ von Phoebe Philo ist da
Jetzt ist Phoebe Philo, die Designerin, also zurück. Und mit ihr Phoebe Philo, das von ihr kontrollierte Label. Ein Start-up mit Minderheitsinvestment des Luxuskonzerns LVMH. Der erste „Edit“, wie sie die Lancierung nennt (und was deutlich bewusster klingt als der von Marketingchefs geliebte „Drop“) heißt „A1“ und umfasst 150 Teile, einschließlich Schuhe, Taschen und Accessoires. Verkauft wird ausschließlich über den eigenen Onlineshop; ein immer noch Beitragloser Instagram-Account und der Newsletter sind bisher die einzigen, direkten Kommunikationskanäle.
Schon die ersten Mood-Bilder auf der Startseite von Phoebephilo.com stellen die Frauen in den Mittelpunkt, nicht die Kollektion. Man kennt den Mechanismus aus den früheren Céline-Kampagnen. Die Models verschiedenen Alters, darunter die 39-jährige Daria Werbowy, sind ungeschminkt und echt – allerdings noch immer durchgehend sehr schlank. Die Kleider der Kollektion sind bis Größe 42 erhältlich.
Das sind die Highlights aus der ersten Kollektion von Phoebe Philo
Die Kollektion enthält alles, worauf Phoebe-Philo-Fans sich gefreut haben dürften. Die Silhouette ist entspannt bis geräumig, der Look etwas rauer als gewohnt, passend für diese Zeiten. Zu den besten Essentials gehören Blazer mit breiten Schultern und schmal-geschwungener Taille, Blousons aus Leder mit abnehmbarem Schal und ein Kaschmirmantel mit seitlichen Schlitzen bis zu den Pattentaschen. Alles wohldurchdachte Details. Einige Mäntel, Röcke und Hosen sind mit gekämmten Fransen verziert.
Dazu kommen die Überraschungen, die den eigentlichen Reiz der Entwürfe ausmachen: Hier eine Wollhose mit Reißverschlüssen entlang der Rückseite der Hosenbeine, die sich bis zum Bund öffnen lassen. Dort ein asymmetrisches Minikleid aus cremefarbenem Seidensatin mit eingearbeitetem Body. Das Leder der Pumps und Stiefeletten ist so fein, dass sich die Füße darin abzeichnen werden.
Für viele eine Überraschung sind auch die Preise: 6800 Euro für eine extragroße Tote Bag aus Kalbsleder; 3200 Euro für einen Blazer. Die teuersten Stücke sind ein brauner Lammfellmantel für 12.000 Euro und ein handgestricktes Kleid mit aufgestickten Pailletten für 14.00 Euro.
Das meiste ist am Dienstagmorgen trotzdem bereits ausverkauft. Es wurde immerhin „erheblich weniger produziert als der erwartetet Bedarf“, wie die Brand erklärt. Man wolle „eine verantwortungsvolle Balance zwischen Produktion und Nachfrage“ erreichen. Als erstes und innerhalb von fünfzehn Minuten ausverkauft war eine silberne Kette aus Buchstaben, die wiederholt das Wort „Mum“ bilden. Martina Lohoff hat sie in der vergoldeten Version gekauft. Als nächstes auf ihrer Wunschliste steht eine Hose, die es voraussichtlich erst mit dem nächsten Edit geben wird. Angekündigt ist er für Frühjahr 2024. „Das Schöne ist, dass man bei Phoebe immer wieder etwas Neues entdeckt. Ich bin gespannt, wie das Packaging aussehen wird“, sagt Lohoff. „Die Vorfreude ist jetzt schon wieder da.“