Wasserkraft gilt als Musterschüler Erneuerbarer Energien – doch die verfügbaren Kapazitäten sind längst ausgereizt. Eine neue Studie sagt nun: Mit Aufrüstung könnte Deutschland wieder mehr Energie aus Wasserkraft produzieren.
Nach und nach sollen fossile Wege der Energiegewinnung nachhaltigen Lösungen weichen. Solar- und Windkraft ersetzen damit Erdöl und Kohlestrom – so zumindest die Pläne der Bundesregierung. Allerdings gibt es eine weitere Alternative, die im Laufe der vergangenen Jahre weitgehend in Vergessenheit geraten ist: die Wasserkraft.
Energiesektor: Lohnt sich der Ausbau der Wasserkraft?
Allein in der Bundesrepublik gibt es nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Wasserkraftwerke aktuell rund 7.300 Wasserkraftanlagen. Gemeinsam verfügen sie über eine installierte Leistung von etwa 5.600 Megawatt (MW) und können damit jährlich fast 5,7 Millionen Haushalte mit Strom versorgen. Glaubt man einer neuen Studie der Energy Watch Group, könnte diese Zahl aber bald auf ganze neun Millionen steigen – einem guten Fünftel aller Haushalte in Deutschland.
Der gemeinnützige Think Tank geht davon aus, dass Wasserkraft hierzulande über das Potenzial verfüge, „im Umfang aller ostdeutschen Haushalte sauberen, natürlichen und ökologisch vorteilhaften Strom zu erzeugen“. Das Ziel der Initiative #Wasserkraft 2030 sei es, bei 7,1 Gigawatt (GW) zusätzlicher Leistung jährlich 28 Terawattstunden (TWh) liefern zu können. Zum Vergleich: Ein mittleres Kernkraftwerk liefert der Tagesschau zufolge im Schnitt eine Leistung von knapp 1,2 GW.
„Moderne Repowering- und Modernisierungsmaßnahmen mit fischfreundlichen Anlagen können nicht nur Vorurteile beseitigen, sondern auch die Gewässerökologie verbessern und die Artenvielfalt erhalten“, schreiben die Forschenden in ihrer Pressemitteilung. Zudem erfreue sich die Technologie in der Bevölkerung großer Zustimmung. Mit 88 Prozent liege sie nur knapp hinter den Solardächern.
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Alte Vorurteile, neue Fischleitern
Wasserkraft kann zu Umweltzerstörung und dem Verlust von Lebensräumen führen. Der Bau von Staudämmen beeinträchtigt oft die biologische Vielfalt und kann die Wasserversorgung flussabwärts reduzieren. Zudem sammeln sich in Stauseen Sedimente an, die die Lebensdauer und Effizienz von Anlagen verringern – oder?
In ihrer Studie weist die Energy Watch Group darauf hin, dass es sich bei vielen dieser Behauptungen um veraltete Vorurteile handele. Moderne Technik führe dazu, „dass sich durch Repowering- und Modernisierungsmaßnahmen mit modernen fischdurchlässigen Anlagen nicht nur alte Vorurteile beseitigen lassen“. Denn man könne mit ihrer Hilfe auch die Gewässerökologie, die Grundwasserbildung sowie Klimavorsorge verbessern und damit auch die Artenvielfalt erhalten.
Hans-Josef Fell, einer der Väter des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und Präsident der Energy Watch Group erklärt: „Wasserkraft kann schnell, netzdienlich, ökologisch vorteilhaft und in den Gemeinden und Dörfern durch Reaktivierung historischer Anlagen und Repowering die Leistung der Erneuerbaren ausbauen. Wir rufen die Politik auf, die Trendumkehr einzuleiten und die Wasserkraft zu fördern, via EEG und via Genehmigungspraxis.“