Ein Gastroenterologe aus München ist vom Landgericht München I wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Der 52 Jahre alte Arzt hat demnach in 17 Fällen Frauen während einer Darmspiegelung missbraucht. Laut Anklage hat er „für einige Sekunden“ entweder den Zeige- oder Mittelfinger der rechten Hand in die Vagina der Frauen eingeführt. Einen medizinischen Grund dafür habe es nicht gegeben. Die Frauen waren während der Untersuchungen sediert. Die Fälle haben sich demnach zwischen 2017 und 2021 in der Gemeinschaftspraxis ereignet, die der Angeklagte zusammen mit einem früheren Kollegen geführt hat.
Bekannt geworden sind die Vorwürfe durch vier Medizinische Fachangestellte. Sie hatten dem Arzt während der Untersuchungen assistiert. Vor Gericht hatten sie als Zeuginnen ausgesagt und angegeben, dass sie in vielen Fällen gesehen hätten, wie der Arzt mit der rechten Hand das Koloskop für die Darmspiegelung geführt und gleichzeitig dann einen Finger in die Vagina der Frauen eingeführt habe.
Der Arzt hatte die Vorwürfe zu Beginn des Prozesses durch seine Verteidigerin „vollumfänglich“ bestritten. Sie hatte auf Freispruch plädiert, die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Freiheitsstrafe gefordert. Während des Verfahrens stand auch im Raum, ob sich die Zeuginnen womöglich vorab abgesprochen hätten – und ob der ehemalige Kollege des Angeklagten die Vorwürfe vielleicht zu seinen Gunsten genutzt hatte.
Die Arzthelferinnen hatten sich zusammen mit dem ehemaligen Mitinhaber der Praxis in einer Chatgruppe über das weitere Vorgehen ausgetauscht, nachdem sie sich ihm mit ihren Beobachtungen anvertraut hatten. Schon seit 2015 gab es zwischen den beiden Praxisinhabern Streit darüber, wie die Einnahmen durch Privatpatienten auf die Behandler aufgeteilt werden sollen.