In diesem Februar, seinem sechsten Monat in München, stand schon früh fest, dass Christoph Freund, der Sportdirektor des FC Bayern, die Entmachtung eines Trainers erleben wird. Es war nicht seine Entscheidung, aber es war dann auch nicht so, dass er sich sehr für den Trainer einsetzte, der entmachtet werden sollte. Und so verkündete der Verein am Abend des 5. Februars auf seiner Website, dass Michael Hartmann, der Trainer der U-19-Mannschaft, mit sofortiger Wirkung freigestellt worden ist.
Es ist mit Blick auf die wohl entscheidende Frage, die sich der größte deutsche Fußballklub schon wieder neu stellen muss, nicht weiter wichtig, wer Michael Hartmann ist und warum er gehen musste. Es ist mit Blick auf diese Frage aber mindestens erwähnenswert, wer ihn fürs Erste ersetzen wird: René Marić, der Österreicher, der schon seit drei Monaten in einer anderen Rolle für den FC Bayern arbeitet, weil sich dort ein anderer Österreicher sehr für ihn einsetzte; einer, von dem man weiß, dass er in dem Verein viel neu machen will, aber der vermutlich selbst noch nicht ganz genau weiß, wie viel er schlussendlich neu machen darf: Christoph Freund.
Wer sich in diesem Februar, in dem der FC Bayern nun auch die vorzeitige Vertragsauflösung mit dem Trainer Thomas Tuchel verkündet hat, das Organigramm des Klubs anschaut, der findet eine Spur, der man seit dieser Saison mehr und mehr folgen kann. Sie führt zu Freund, dem Sportdirektor, der seit dem September 2023 da ist. Sie führt zu Richard Kitzbichler („Toptalenteentwicklung und Leihspielerbetreuung“, eingestellt: September 2023) und Marić („Trainerentwicklung und Spielphilosophie“, eingestellt: November 2023). Und sie führt zu Jochen Sauer, der seit der Gründung im Jahr 2017 der Direktor des FC Bayern Campus ist, des großen Nachwuchsleistungszentrums in München.
Freund, Kitzbichler, Marić, Sauer. Drei Österreicher, ein Deutscher. Wer dieser Spur weiter folgt, der findet dann keinen Staat im Staat, keinen Verein im Verein, keine Verschwörungsgeschichte, aber einen Zusammenhang, der kein Zufall ist. Denn wer wissen möchte, wo der FC Bayern, diese Institution des deutschen Fußballs, mit diesen Männern möglicherweise hinwill, der muss wissen, wo diese herkommen: vom vielleicht reichweitenstärksten Influencer des modernen Spiels, von Red Bull.
Was für ein Fußballklub will der FC Bayern sein?
Es soll gleich um den Red-Bull-Effekt gehen, doch davor muss endlich die wohl entscheidende Frage, die der FC Bayern München spätestens seit dieser Woche, spätestens seit der Entmachtung des Trainers Thomas Tuchel wieder diskutieren muss, gestellt werden: Was für ein Fußballklub will er sein?
Am Montag werden Uli Hoeneß und die acht anderen Aufsichtsratsmitglieder der FC Bayern München AG in ihrer nächsten Sitzung sehr wahrscheinlich den Mann als neuen Sportvorstand wählen, der endlich eine dauerhafte Antwort auf diese Frage finden soll: Max Eberl, 50 Jahre alt, der früher selbst für den FC Bayern spielte, auch wenn es für die erste Mannschaft bloß ein einziges Spiel war.
In seinen ersten Arbeitswochen in München wird sich Eberl wahrscheinlich mit kleineren Konfliktanalysen auseinandersetzen. Was fehlte dem Trainer Thomas Tuchel? Was fehlte den Spielern – speziell denen, die diese Mannschaft führen sollen und wollen? Und wie und wo lässt das sich, was in dieser Saison fehlte, schon für die nächste Saison finden?