Die Bundesregierung hat die Forderungen der Autoindustrie nach Erleichterungen bei den CO2-Flottenzielen für das kommende Jahr abgelehnt. Bei den vergangenen Zielwertstufen hätten die Hersteller ihre Erfüllungslücke erst jeweils im Zieljahr geschlossen und nicht vorzeitig, sagte ein Sprecher des zuständigen Bundesumweltministeriums auf Anfrage von „Welt am Sonntag“.
Den allermeisten Herstellern sei das Schließen der Lücken weitestgehend gelungen, obwohl diese in der Vergangenheit teils größer gewesen seien als jetzt. „Wir vertrauen darauf, dass die deutsche Automobilindustrie auch dieses Mal ihre Verlässlichkeit und technologische Kompetenz unter Beweis stellt und die Zielwerte erreichen wird“, sagte der Sprecher weiter.
Der Volkswagen-Konzern hatte Erleichterungen bei den Flottengrenzwerten gefordert. Diese Werte sollen von derzeit durchschnittlich 115 Gramm CO2 je Kilometer auf 94 Gramm sinken. „Neben dem Setzen ehrgeiziger Ziele müssen auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit diese realisiert werden können“, kommentierte der Konzern auf Anfrage der Zeitung. Die gestaffelten CO2-Ziele müssten überprüft und realistisch angepasst werden.
„Technologieoffenheit“ soll Probleme lösen
Die Forderung des Bundes stößt auch im EU-Parlament auf Kritik. „Wir sind für Technologieoffenheit. Fahrzeuge, die nur mit klimaneutralen Kraftstoffen wie etwa E-Fuels fahren, müssen auch nach 2035 erlaubt bleiben“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese der „Welt am Sonntag“. Die Schwierigkeiten von VW müsse man sehr ernst nehmen.
Auch FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr betonte die Bedeutung von „Technologieoffenheit“. Man sehe ja gerade, wie dramatisch die Situation für einen großen Automobilhersteller werden könne, „wenn durch europäische Vorgaben ein Unternehmen geradezu tot reguliert wird“, sagte Dürr der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Diese Art der bevormundenden, besserwisserischen Industriepolitik muss vorbei sein.“
Volkswagen helfe man nicht, indem man Subventionen, die steuerfinanziert seien, zahle, „sondern indem man den europäischen Irrweg der technologischen Planwirtschaft endlich beendet“. Die Flottenregulierung zum CO2-Ausstoß gehöre ebenso abgeschafft wie das Verbrenner-Aus. „Die europäische Planwirtschaft ist endgültig gescheitert. Alle Technologien müssen die gleichen Chancen haben“.
Gegen E-Auto-Prämie
Mit Blick auf Elektroautos wies Dürr Forderungen nach Wiedereinführung einer staatlichen Kaufprämie zurück. „Ich halte das für abwegig, und zwar aus folgendem Grund: Als wir die E-Auto-Prämie abgeschafft haben, konnten wir feststellen, dass die Preise gesunken sind.” Das sei eine spannende Beobachtung, weil der Markt sich selbst reguliert habe. „Ernsthaft zu glauben, dass man Elektroautos durch Subventionen in den Markt drücken könnte und dass das eine nachhaltige Strategie ist, war schon immer Irrsinn.“
In der Krise bei Volkswagen hatte sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) für die Wiedereinführung einer E-Auto-Kaufprämie ausgesprochen. Diese neue Prämie solle aber nicht für den US-amerikanischen Autobauer Tesla oder den chinesischen Hersteller BYD gelten, sondern für Fahrzeuge aus deutscher Produktion.