So knapp war es für Max Verstappen selten, und so spannend für die Formel-1-Zuschauer schon lange nicht mehr. Am Ende gewann der Weltmeister im Red-Bull-Honda von Startplatz sechs das 50. Rennen seiner Karriere und das 15. in dieser Saison mit 2,2 Sekunden Vorsprung vor Lewis Hamilton im wiedererstarkten Mercedes.
Lando Norris im McLaren, der sich lange auf Siegkurs wähnte, wurde Dritter beim Großen Preis der USA. Hamilton fehlte am Ende eine Runde für den großen Angriff auf den Titelverteidiger, dem ein Hattrick in Austin gelang. „Das war hart“, stöhnte Verstappen hinterher, der selten in diesem Jahr so unter Stress war. Auch Hamilton bejubelte sein Comeback als „fantastisches Wochenende“ und putschte die Mannschaft auf: „Wir kommen ihnen näher. Beim nächsten Mal schnappen wir sie.“
Ungewohntes Farbenspiel an der Spitze
Den Anschauungsunterricht für die Formel-1-Piloten, auf welche Weise solch ein PS-Rodeo anzugehen ist, lieferten ein paar Cowboys direkt in der Startaufstellung – mit elegantem Lassoeinsatz. Das Bändigen von 1000 PS starken Rennwagen ist ein wenig komplizierter, aber vom Prinzip her dasselbe. Statt sechs Seilschwingern rasten die ersten Sechs als changierende Formation den steilen Anstieg hoch. Lando Norris mit dem McLaren fing in seinem 100. Grand Prix sofort Charles Leclerc ein, Lewis Hamilton in der Mitte sah für einen Moment wie der Gewinner im Getümmel aus, ließ sich aber nach außen drängen und wich einer möglichen Kollision aus.
Was für ein ungewohntes Farbenspiel da vorn, wenn Weltmeister Verstappen nach einer gestrichenen Bestzeit in der Qualifikation plötzlich von der ungewohnten sechsten Position aus starten muss. Der Niederländer, triumphaler Sieger im Sprintrennen vom Samstag, sah sich die Verschiebungen ganz vorn zunächst mit gebührendem Abstand an, schob sich nur gleich auf Rang fünf.
Vier Runden dauerte es, bis Hamilton sich seinen dritten Startplatz von Carlos Sainz zurückholte, zwei weitere, bis er auch am roten Auto von Charles Leclerc vorbei ist. Die beiden Ferrari-Piloten hatten zuvor entscheidende Zeit im Zweikampf und mit einer Fastkollision verloren. Das letzte technische Upgrade der Saison bei Mercedes ist vielleicht das Wichtigste. Entscheidend verändert wurde der Unterboden des Silberpfeils, der die Aerodynamik und damit Schnelligkeit wie Fahrverhalten entscheidend beeinflusst. Noch wichtiger: Plötzlich fühlt sich Rekordweltmeister Hamilton wieder wohl im Auto, findet über mehr Vertrauen zu alter Form zurück. Und jagte im britischen Generationenduell Norris hinterher.
Verstappen holte sich den dritten Platz mit gewohnter Radikalität gegen Leclerc, der Niederländer hatte sich schon vorher mit der Aufholjagd angefreundet: „Eine ungewohnte Position, aber sie macht es interessanter. Hoffentlich kann ich ein paar überholen und doch noch den Sieg holen. Mein Auto fühlt sich stark genug dafür an.“ Vor den ersten Boxenstopps lauerten sie immer noch. Norris klagte über die Balance seines Autos und den Seitenwind: das Signal für Hamilton, noch etwas zuzulegen.