Andretti zurück in der Formel 1, jetzt also doch. Nur ganz anders, als geplant. „Ich muss mich kneifen“, sagte Andretti, „um sicherzugehen, dass ich nicht träume.“ Aber nicht der als Grand-Prix-Pilot einst überforderte Michael Andretti wird dabei sein, wenn Cadillac, die Edelmarke des General-Motors-Konzerns (GM), von 2026 an als elftes Team in der Formel 1 kreist. Sondern Vater Mario Andretti, 84 Jahre alt und 1978 bis dato letzter Weltmeister aus Amerika. Er soll als Vorstandsmitglied mitmischen im Formel-1-Nationalteam der USA, dem die Rennserie am Montagabend die Startfreigabe erteilte. Und so die beachtliche Wende um 180 Grad vollzog.
Erst im Februar diesen Jahres sagten die Verantwortlichen der Formel 1 dem von Michael Andretti und GM initiierten Projekt brüsk ab. Dabei hoffte Andretti, der Motorsport-Weltverband FIA hatte die Bewerbung offiziell zugelassen, auf einen Start schon von 2025 an. Liberty Media aber, der kommerzielle Rechteinhaber der Formel 1, verhinderte das und empfahl Andretti, es für das Jahr 2028 abermals zu probieren.
Die F.A.Z. schrieb von einer Ohrfeige für den Amerikaner. Er und sein Rennstall brächten der Eliteserie weder wirtschaftlich noch sportlich Zugewinn, hieß es damals in der Absage. Dabei hat Andretti Autosport einen klingenden Namen, tritt erfolgreich in diversen Klassen des Motorsports an. Zuvorderst ging es bei dem schroffen Korb aber ums Geld. Die zehn etablierten Teams fürchteten, ihre Raserlizenz verliere an Wert und der Preisgeldkuchen schrumpfe. Daran hat sich im Grunde nichts geändert.
Doch nach der Schmach im Frühjahr rief der bestens vernetzte Michael Andretti den amerikanischen Kongress an. Die Justiz begann eine Untersuchung. Der Verdacht: Bei der Formel 1, einer vermeintlich offen ausgeschriebenen Weltmeisterschaft, handele es sich in Wahrheit um ein Kartell, eine geschlossene Gesellschaft. Plötzlich stand eine Strafe in Milliardenhöhe in Rede. Während die Behörden prüften, gingen beide Seiten in sich, hielten Kontakt. Bei GM wussten sie: Michael Andretti ist Teil des Problems.
Wie viel muss gezahlt werden?
Er hatte sich unmöglich gemacht, war dem Establishment allzu polternd aufgetreten auf dem Weg zurück in die Formel 1. GM und Andrettis Geldgeber Dan Towriss und Mark Walter kamen wohl überein, das Projekt nicht an dieser Personalie scheitern zu lassen: Aus Andretti Cadillac wird Cadillac, aus dem Einstieg eines GM-Kundenteams wird ein Werkseinsatz, der dem Vorhaben neuen Glanz verleiht. Dass mit Liberty-Media-Chef Greg Maffei ein erklärter Gegner der Andrettis zum Jahresende abtritt und die Zulassung auch darin begründet liegt, bezeichnete das Fachblatt „Autosport“ am Dienstag als weit hergeholt.
Offen bleibt, wie viel Eintrittsgeld Cadillac den Platzhirschen in Summe zahlen muss. Das Regelwerk sieht 200 Millionen Dollar vor (rund 190 Millionen Euro). 20 Millionen Dollar pro Team aber dürften den künftigen Gegnern kaum genügen. Sie wollen insgesamt 600 Millionen Dollar. Die Verhandlungen laufen und am Ende wird man sich vermutlich in der Mitte treffen.
Feststeht, dass Cadillac 2026 nicht mit eigenem Antrieb um die Wette fährt. Damit ist erst 2028 zu rechnen. GM muss für den Übergang einen Motorenpartner finden. Ferrari oder Honda kommen infrage. Die Vorbereitungen für den Einstieg laufen derweil in einem Werk in Silverstone und im angemieteten Windkanal von Toyota in Köln. Michael Andretti scheint nicht zu planen, noch mal eine Rolle zu spielen bei Cadillac F1. So liest sich die Nachricht, die er am Montag auf der Plattform X verbreitete: „Ich werde euch anfeuern!“, schrieb Andretti unter anderem. Ein Fan antwortete: „Wir werden sie Andretti nennen, Boss!“