Immer wieder hat es die Frankfurter Justiz mit Fußballfans zu tun, die im Stadion Straftaten begehen – so auch das Frankfurter Amtsgericht an diesem Dienstag: Auf der Anklagebank sitzt ein Mann, dem die Staatsanwaltschaft das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorwirft. Zweimal soll der Einunddreißigjährige bei einem Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und der bulgarischen Mannschaft Levski Sofia für jeweils zwanzig Sekunden den rechten Arm ausgestreckt gehoben, also den Hitlergruß gezeigt haben.
Die Strafverfolger wissen das deshalb so genau, weil die Polizei die Tat im August 2023 im Waldstadion per Video aufgezeichnet hat. Das Gericht will nun in der Hauptverhandlung auch herausfinden, ob dem Angeklagten bewusst war, was genau er da tut. Die Richterin fragt ihn deshalb, ob er schon einmal Filme über den Zweiten Weltkrieg gesehen habe, „Schindlers Liste“ beispielsweise? Der Mann verneint. Der Bulgare, der seit sechs Jahren in Deutschland lebt, bestreitet nicht, den Arm gehoben zu haben. Er sagt jedoch, das Zeichen habe in Bulgarien keine Bedeutung. „Aber in Deutschland bedeutet das was“, sagt die Richterin.
„Weil es auch besonders schlimm ist“
Ein Video auf seinem Smartphone soll beweisen, dass das Heben des rechten Armes Teil eines bulgarischen Fangesangs sei. Es zeigt bulgarische Fußballfans, die in schnellen Bewegungen rhythmisch den rechten Arm nach oben ausstrecken und sofort wieder runternehmen. „Aber Ihre Hand ist ganz lange oben“, sagt die Richterin. Laut einem Polizisten, der für den Gästeblock eingesetzt war und als Zeuge vor Gericht aussagt, haben bei dem Spiel mehrere bulgarische Fans den Hitlergruß gezeigt, während das Lied „Im Herzen von Europa“ des Polizeichors Frankfurt lief. Er sagt, viele der Gästefans hätten es sichtlich lustig gefunden, genau in diesem Moment den rechten Arm zu heben, darunter auch der Angeklagte.
Verhandelt wird die Sache vor dem Amtsgericht, weil der Mann gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte. Am Ende beantragt die Staatsanwältin eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 70 Euro, das ergibt 3500 Euro.
In seinem letzten Wort wundert sich der Angeklagte darüber: Das sei das Doppelte von dem, was ihm in dem Strafbefehl auferlegt wurde. Die Richterin erklärt ihm: Das liege daran, dass zu dem Zeitpunkt sein Gehalt noch nicht bekannt war und geschätzt werden musste. „Das ist sehr viel Geld“, sagt er. „Ja, weil es auch besonders schlimm ist“, sagt die Richterin. „Wenn man in Deutschland den Hitlergruß zeigt, ist das sehr, sehr, sehr, sehr schlimm.“
Sie verurteilt ihn schließlich wie von der Staatsanwaltschaft beantragt zu der Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 70 Euro. Die Geste, sagt die Richterin, sei eine eindeutige Reaktion auf das Lied der Eintracht gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.