Im Sommer laufen die seit den 1980er Jahren bestehenden Sammelverträge mit den Kabelnetzbetreibern aus. Dabei wurden pro Mietshaus Sammelverträge mit Kabelnetzbetreibern abgeschlossen – in der Regel zu günstigeren Konditionen. Die Mieter bezahlten diese Verträge über die Nebenkosten,die ursprünglich die Hausverwaltung oder der Eigentümer geschlossen hatte. Damit ist nun Schluss. Für Millionen Mieter heißt das, sie müssen handeln. Fortan ist der Kabelanschluss nicht mehr in der Miete inkludiert. Das Fernsehen wird zur Mietersache. Wer nicht handelt, dem droht im Ausnahmefall ein schwarzer Bildschirm und die Sperre aus dem Kabelnetz.
Bevor das passiert, werden Mieter in der Regel aber mehrmals informiert – sei es vom Vermieter oder per Aushang vom Kabelnetzbetreiber, sagt Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Aber! Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, über den Wegfall des Nebenkostenprivilegs zu informieren, so Rolf Bosse vom Mieterverein in Hamburg.
Wer ist von der Abschaffung des TV-Privilegs betroffen?
Für Mieter ist es nicht immer leicht zu erkennen, ob sie einen Sammelvertrag nutzen. Die Verträge können schon lange vor dem Einzug des Mieters abgeschlossen worden sein. Selbst Vermieter können sich oft nicht mehr an den Abschluss erinnern. Darüber hinaus werden in Mietshäusern auch Satellitenanlagen für den Fernsehempfang genutzt. Aufschluss gibt in der Regel nur die Nebenkostenabrechnung.
Steht dort „Sammelvertrag TV“, „Kabelfernsehen“, „TV-Anschluss“ oder eine ähnliche Formulierung, sind Mieter betroffen. Findet sich die Position nicht in der Nebenkostenabrechnung, dann haben Sie möglicherweise einen Einzelvertrag. In diesem Fall können Sie sich entspannt zurücklehnen. Es gilt allerdings: Viele Anbieter locken in den nächsten Monaten mit Rabatten und günstigen Tarifen. Möglicherweise lohnt es sich, nach einer Alternative oder einem günstigen Angebot Ausschau zu halten.
FOCUS online rät: Achten Sie auf Aushänge oder Mieterrundschreiben. Sie können natürlich auch den Vermieter oder die zuständige Hausverwaltung fragen, was für Sie gilt. Oft kann sogar der Hausmeister helfen. Ein neuer Vertrag ist je nach Empfangsweg schnell geschlossen – und so der Empfang innerhalb kürzester Zeit wieder hergestellt.
Was ist, wenn nichts davon in den Nebenkosten steht?
Wenn Sie die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender empfangen können und keine entsprechende Position in der Nebenkostenabrechnung finden, sind Sie möglicherweise Empfänger eines zentralen Satellitenanschlusses, der Ihnen ermöglicht, kostenlos die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender zu sehen.
Gut zu wissen! Steht von einer Satellitenanlage nichts im Mietvertrag, sondern ist lediglich ein Antennenanschluss genannt, müssen Mieter auch nicht für die Wartung oder Reparatur aufkommen. Helfen kann Ihnen auch in diesem Fall der Vermieter, die Hausverwaltung oder auch der Hausmeister.
Wer profitiert von dem Aus des TV-Privilegs – und wer nicht?
Profitieren werden all jene Haushalte, die zwar einen Kabelanschluss haben, aber lieber über eine Satellitenschüssel auf dem Balkon oder ein Streaming-Angebot von Sky (Wow), Telekom (MagentaTV) oder Vodafone (VodafoneTV) fernsehen.
Sie zahlen dann nur einmal – den Vertrag, den sie selbst abgeschlossen haben. Gleichzeitig profitieren auch DSL-, Glasfaser- und Telefonkunden von den günstigen „3in1“-Paketen. Dabei sind Telefon, Internet und Fernsehen dann in einem Tarif enthalten. Bei den aktuellen Tarifen entspricht das Mehrkosten von drei bis 20 Euro pro Monat.
Zu den großen Verlierern gehören Geringverdiener und Bürgergeldempfänger. Wurde das Fernsehen bisher über den Mietzuschuss bezahlt, müssen Bürgergeldempfänger die Kosten nun selbst tragen. Geringverdiener müssen mit Mehrkosten ab 40 Euro im Jahr rechnen.
Was müssen Mieter jetzt konkret tun?
Bis zum 30. Juni können Mieter über diesen Anschluss garantiert fernsehen. Ab dem 1. Juli können sie das natürlich auch, müssen dafür einen eigenen Vertrag abschließen. Kümmert sich der Vermieter nicht um die Kündigung des bisherigen Anschlusses und nutzt der Mieter einen Sammelvertrag, dann muss der Mieter ab 1. Juli nichts dafür bezahlen. Dass die Eigentümer oder die Hausverwaltungen gar nicht reagieren, scheint aber eher unwahrscheinlich.
Grundsätzlich sollten die rund zwölf Millionen Betroffenen die nächsten Wochen abwarten. Viele Kabel-, Streaming- und auch Pay-TV-Anbieter werden im ersten Quartal des Jahres neue Produkte auf den Markt bringen, die genau auf die Mieter zielen, die weiter fernsehen wollen.
Im zweiten Schritt sollten Betroffene alle Angebote vergleichen und das Kleingedruckte lesen. Günstige Angebote haben meist längere Bindungsfristen oder enthalten nur SD-Sender. Wer hochauflösende Sender empfangen möchte, muss dafür extra bezahlen. Wer gern sport schaut, sollte beachten: Die Bundesliga-Rechte für die Jahre 2025 bis 2029 werden im Juni 2024 neu vergeben.
Was passiert, wenn ich betroffen bin und nichts unternehme?
Im Extremfall kann der Anschluss durch den Kabelanbieter gekappt werden. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass das direkt Ende Juni passiert. Denn zeitgleich läuft die Fußball-EM. Bei neueren Verkabelungen, kann der Anschluss zentral vom Keller abgeschaltet werden. Bei alten Verkabelungen muss ein Techniker in die Wohnung, der dann eine Sperrdose setzt.
FOCUS online rät: Lassen Sie keine Techniker in Ihre Wohnung, die sich nicht ausweisen können. Geben Sie keine persönlichen Daten an ihn weiter. Ebensowenig sollten Sie den Techniker unbeaufsichtigt lassen, während er am Antennenanschluss arbeitet. Sie sollten außerdem keinen Vertrag unter Druck unterschreiben. In vielen Fällen wollen Anbieter neue Verträge abschließen, die Techniker oder Vertreter erhalten für jeden Abschluss hohe Provisionen. Lassen Sie sich bei der Auswahl Zeit und sagen Sie, falls der Techniker nicht nachlässt: „Ich habe bereits einen Anbieter gesucht. Ich brauche keinen weiteren Anschluss.“
Muss ich unbedingt beim Kabelanschluss bleiben?
Nein, es gibt inzwischen viele günstige Alternativen. Zum Beispiel können Sie bei vielen Telefon- und Internetanschlüssen auch TV-Pakete buchen. Die Fernsehsender werden dann gestreamt. Günstiger sind TV-Apps wie Zattoo, waipu.tv, Samsung Plus, Wow oder MagentaTV. Diese können entweder direkt auf dem Fernseher installiert oder auf sogenannte TV-Sticks heruntergeladen werden. Bekannte Anbieter sind Amazon Fire-TV, Google Chromecast, ROKU oder NVIDIA Shield TV.
Wer nichts bezahlen möchte, kann auch die Apps der Fernsehsender installieren. Die Programme von ARD, ZDF oder Joyn bieten die Möglichkeit, TV-Sender kostenlos zu streamen. Die Sender der RTL-Gruppe sind kostenpflichtig.
Wenn Sie noch einen alten Röhrenfernseher besitzen, lohnt es sich, diesen gegen einen neuwertigen Smart-TV auszutauschen. Andernfalls benötigen Sie voraussichtlich ab dem 1. Juli 2024 einen zusätzlichen Kabelreceiver, der in der Regel monatlich kostet. Hier müssen Sie allerdings mit weiteren Anschaffungskosten rechnen. Denn die meisten Receiver verfügen nur über HDMI-Anschlüsse. Röhrenfernseher sind aber mit SCART-Anschlüssen ausgestattet. Entsprechende Adapter und Kabel kosten dann extra.
Wie kann ich prüfen, ob mein Vermieter den Kabelanschluss ab Juli nicht mehr abrechnet?
Das sollte aus der Nebenkostenabrechnung des Jahres 2024 hervorgehen, die Mieter wohl erst ab Januar 2025 erhalten. Die Kosten in der Position „Kabelfernsehen“, „Fernsehanschluss“, „Sammelvertrag“ sollten dort lediglich halb so hoch sein wie in den vergangenen Jahren. Sollte das anders sein, besteht Anlass zur Nachfrage. Mieter haben ein Recht darauf, die Belege einzusehen. So können sie checken, ob korrekt abgerechnet wurde.