Daheim in Bogota ging gerade die Sonne auf, als Kolumbien im fernen Australien Fußball-Geschichte schrieb. „Das ist ein historischer Moment für uns, für ganz Südamerika“, sagte Nationaltrainer Nelson Abadia nach dem 1:0 gegen Jamaika stolz. Durch den knappen Sieg zog das Team um Ausnahmespielerin Linda Caicedo erstmals in das Viertelfinale einer WM ein und sorgte für Frühstückspartys in der Heimat.
Die Familie des erst 18 Jahre alten „Wunderkinds“ Caicedo etwa, Torschützin beim 2:1 gegen Deutschland in der Vorrunde, hatte sich auf weißen Plastikstühlen schon um drei Uhr Ortszeit vor dem Fernseher versammelt. Als Rekordnationalspielerin Catalina Usme in der 51. Minute das entscheidende Tor schoss, ertönten im Wohnzimmer Vuvuzela-Klänge und das Gebell des Familienhundes. Beim Schlusspfiff lagen sich alle in den Armen.
Auch in Melbourne war der Jubel groß, auf den Rängen hatten die Fans der „Cafeteras“ klar die Oberhand. „Es fühlt sich hier an wie zu Hause, diese Unterstützung bedeutet uns sehr viel“, sagte Torhüterin Catalina Perez, die künftig für Werder Bremen in der Bundesliga spielen wird, im ZDF.
„Ihr habt uns alle stolz gemacht“
Bis zum Einzug in die Runde der letzten Acht, wo es am Samstag (12.30 Uhr MESZ im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-WM der Frauen und im ZDF) in Sydney gegen Europameister England geht, musste Kolumbien aber kämpfen. In einer hart geführten Partie wurde vor allem Caicedo immer wieder gefoult, Spielfluss kam kaum auf. Erst Usme knackte das Bollwerk aus Jamaika. Es war das erste (und letzte) Gegentor für den Außenseiter aus der Karibik bei der WM.
Die „Reggae Girlz“ fliegen dennoch erhobenen Hauptes nach Hause. „Ihr habt uns alle stolz gemacht“, schrieb Jamaikas Sprintstar Usain Bolt bei Twitter. Die Außenseiterinnen hatten in der Gruppenphase Brasilien aus dem Turnier gekegelt und erstmals die K.-o.-Runde erreicht. Dort kam zwar das Aus, doch zumindest für Kolumbien geht das Märchen weiter.
Die französischen Fußballerinnen haben derweil dank Kadidiatou Diani und Eugenie Le Sommer ihren ersten großen Titel weiter im Visier. Das Team von Trainer Hervé Renard bezwang Außenseiter Marokko im Achtelfinale souverän 4:0 und erreichte damit zum vierten Mal in Serie das Viertelfinale. Bislang waren für Les Bleues Halbfinal-Teilnahmen bei der WM 2011 und der EM 2022 bei großen Turnieren das Maximum, eine Trophäe gab es nie.
Diani traf erst selbst (15.) und legte dann für Kenza Dali (20.) und Eugenie Le Sommer (24.) auf, abermals Le Sommer (70.) erhöhte nach der Pause. Die Französinnen treffen nun am Samstag (9.00 Uhr MESZ im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-WM der Frauen) auf Australien. Marokko, das trotz eines 0:6 zum Auftakt gegen Deutschland als einziger Neuling die Gruppenphase überstanden hatte, versuchte mitzuspielen – und wurde dafür bitterböse bestraft.
Frankreich übernahm vor 13.557 Zuschauerinnen und Zuschauern in Adelaide erwartungsgemäß sofort das Kommando, agierte deutlich spielfreudiger als noch in der Vorrunde. Gleich den ersten gut ausgespielten Angriff nickte Diani nach Flanke von Sakina Karchaoui ein. Dann bediente Diani Dali und Le Sommer jeweils mit Flachpässen in den Rückraum.
Statt zu mauern, spielte Marokko munter mit, und das spielte dem fußballerisch klar besseren Favoriten in die Karten. Auf beiden Seiten wirkten einige Spielerinnen mit Wurzeln im Land des Gegners mit. Die Fußballerinnen im Trikot von Les Bleues hatten allerdings bis auf die Chance von Ibtissam Jraidi (49.) auch nach der Pause deutlich mehr Spaß. Frankreich verwaltete defensiv ohne große Mühe und blieb offensiv stets gefährlich.