Wenn der kaufmännische Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), Dirk Burghardt, über den Einbruch ins Grüne Gewölbe spricht, verwendet er den Begriff „Ereignis“. Was nach „halb so schlimm“ klingt, war der größte Kunstdiebstahl in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg und der folgenschwerste Einbruch in das seit 300 Jahren bestehende Schatzkammermuseum der einstigen Sachsen-Herrscher. Der Freistaat Sachsen bilanziert rund 89 Millionen Euro Schaden, die nach Rückgabe eines Teils der Schmuckstücke aus drei barocken Juwelengarnituren noch bleiben. Die Täter, fünf Männer aus dem für seine Verbrechen berüchtigten Berliner Remmo-Clan, wurden im Frühjahr zu Haftstrafen zwischen vier Jahren und vier Monaten sowie sechs Jahren und drei Monaten verurteilt.
Während des Prozesses wurde deutlich, wie leicht es die Diebe hatten. Im Fokus stand dabei eine private Sicherheitsfirma, deren Mitarbeiter in der Tatnacht entgegen allen Vorschriften handelten. Weder schalteten sie bei Alarm das Licht ein, damit auf Überwachungskameras etwas zu sehen ist, noch intervenierten sie persönlich, und auch den Überfallknopf zur direkten Verständigung der Polizei drückten sie nicht. Die kam dann ziemlich genau eine Minute zu spät zum Tatort. Eine plausible Erklärung dafür lieferte der als Zeuge geladene Geschäftsführer des privaten Sicherheitsdienstes im Prozess dafür ebenso wenig wie für die auf Überwachungsvideos festgehaltene Tatsache, dass die Täter bereits in drei Nächten zuvor immer wieder für Vorbereitungen über die Museumsmauer geklettert waren, ohne dass sein Wachschutz interveniert hätte.
Ermittlungen gegen vier Mitarbeiter der Sicherheitsfirma
Schließlich stellte sich noch heraus, dass das Einstiegsfenster als einziges im Museumskomplex nicht von Alarmscannern erfasst war. Auf die Frage, wer davon wusste, erklärte der Firmenchef, dass ihm die Sicherheitslücke per Aktennotiz bekannt gewesen sei. Welche seiner 1200 Mitarbeiter diese noch gesehen hätten, könne er nicht sagen. Dem Verdacht, dass in der Firma mit sicherheitsrelevanten Informationen ein eher laxer Umgang gepflegt wurde, ging auch die Staatsanwaltschaft nach. Sie ermittelte gegen vier Mitarbeiter, die mutmaßlich Insiderwissen weitergegeben sowie bei Tat und Vorbereitungen weggeschaut haben sollen. Nachweisen ließ sich das allerdings nicht, doch das Vertrauen in den Sicherheitsdienst ist nach dieser Fehlerserie schwer erschüttert.
Umso erstaunlicher ist, dass die SKD am Montag bekannt gaben, ebenjenen Sicherheitsdienst abermals mit dem Schutz des Grünen Gewölbes zu betrauen. In einer Ausschreibung sei die Firma „mit Abstand auf Platz 1“ gelandet, erklärte Dirk Burghardt. Zwar habe man „nach dem Ereignis“ einen Ausschluss geprüft, sich aber letztlich dagegen entschieden. Es habe nicht der gesamte Dienstleister versagt, sondern lediglich vier Personen in der Leitzentrale sowie die Außenstreifen in der Einbruchsnacht. „Das Vertrauen ist nicht so beschädigt, dass wir uns von der Firma getrennt oder sie für eine erneute Auftragsvergabe nicht berücksichtigt hätten“, sagte Burghardt. Er verwies auf die jahrelange gute Zusammenarbeit, die große Erfahrung und die Flexibilität des Anbieters, der künftig 400 Mitarbeiter mit jährlich 400.000 Arbeitsstunden für alle 15 Museen der SKD stellen werde.