Bei den Präsidentschaftswahlen in Guatemala kann sich der Mitte-links-Kandidat Bernardo Arevalo am Sonntag in einer Stichwahl gegen die ehemalige First Lady Sandra Torres durchsetzen. Nach Auszählung von 79 Prozent der Stimmen lag Arevalo mit 60 Prozent vor Torres mit 36 Prozent, wie aus vorläufigen Zahlen der Wahlbehörde hervorgeht. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) erklärte, die Wahlen seien nach Angaben der 86 Wahlbeobachter vor Ort reibungslos verlaufen.
Die Stichwahl war in dem unter Armut, Korruption und Gewalt leidenden Land nötig geworden, nachdem Arévalo bei der ersten Wahlrunde am 25. Juni überraschend Platz zwei hinter Torres belegt hatte. Der 64-Jährige ist der Sohn des ersten demokratisch gewählten Präsidenten des Landes, Juan José Arévalo (1945-1951), und hatte versprochen, das Bildungssystem zu verbessern und die Gewalt und das Elend zu bekämpfen. Laut Umfragen galt er als Favorit für den zweiten Wahlgang.
Torres hatte sich bereits drei Mal vergeblich um das Amt beworben. Die 67-Jährige war früher mit Präsident Álvaro Colom (2008 bis 2012) verheiratet und hatte den Schwerpunkt im Wahlkampf auf die Themen Gewaltverbrechen und Armut gelegt.
Herrschaft des rechten Lagers endet
Bei der Stichwahl wurde über die Nachfolge des rechtsgerichteten Präsidenten Alejandro Giammattei entschieden, der Mitte Januar aus dem Amt scheidet. Damit endet die seit zwölf Jahren währende Herrschaft des rechten politischen Lagers in dem zentralamerikanischen Land.
Tausende Guatemalteken wandern aufgrund von Armut und Gewalt jährlich in die USA aus. Die Geldsumme, die sie aus den USA an ihre Familien in Guatemala überweisen, ist im vergangenen Jahr auf 18 Milliarden Dollar gestiegen – damit machen die Rücküberweisungen 19 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von Guatemala aus.