Porträt 1: Guter Söder
Markus Söder lässt keinen kalt. Das allein hebt ihn schon aus der Riege austauschbarer Politiklangweiler heraus. Wer so kantig ist wie er, zieht natürlich auch negative Energien auf sich. Einer der Hauptvorwürfe gegen ihn lautet, er denke immer nur bis zur nächsten Schlagzeile. Dazu ist zu sagen: Er, der gelernte Journalist, ist wenigstens einer, der in Schlagzeilen denken kann. Deshalb beherrscht er sie ja so oft. Außerdem hat er genügend Hirnschmalz, um auch die langen Linien mitzudenken und zu prägen. Seine „Hightech Agenda“, ein fast sechs Milliarden Euro schweres Förderprogramm für die Forschung, wird dem Freistaat den Weg in die Zukunft ebnen und Söder einen herausgehobenen Platz mindestens in der bayerischen Geschichte sichern. Dass sie kaum gewürdigt wird, liegt nicht an ihm, sondern an den Journalisten. Die sind es nämlich, die immer nur bis zur nächsten Schlagzeile denken.
Söder ist ein Staatskünstler. Meisterlich, wie er sich das Volksbegehren „Rettet die Bienen“, das gegen seine Regierung gerichtet war, zu eigen gemacht und so die Kritik im Keim erstickt hat. Inzwischen hofiert er wieder die konventionelle Landwirtschaft. Das jedoch ist weder Wankelmut noch Opportunismus, sondern schlichte Notwendigkeit, um die CSU, eine der letzten Volksparteien Europas, zukunftsfest zu machen. Söder hat nämlich gemerkt, dass seine Leute den grünen Kurs nicht mitgehen – und früh genug umgesteuert. Da hat der ehemalige CSU-Generalsekretär seine Lektion aus seinen Jahren unter Stoiber gelernt. Dessen Reformeifer ist mit schuld, dass die Freien Wähler in den Landtag gekommen sind – und dass es heute selbst für einen Markus Söder praktisch unmöglich ist, die absolute Mehrheit zu erreichen.
In der vergangenen Legislaturperiode sind in Bayern ein paar Sachen liegen geblieben. Schuld daran sind weniger Söder und seine Regierung als vielmehr die multiplen Krisen, die sie zu bewältigen hatten, zuvorderst Corona. 70 Prozent der Bayern sind mit seinem Pandemie-Management zufrieden – das kann sich mehr als sehen lassen. Aber Dankbarkeit darf man in der Politik nicht erwarten. Gerade die Grünen, die einfach nicht verwinden können, dass Söder nicht mit ihnen koalieren will, werfen ihm ständig „Fake News“ vor. Es gebe, sagen sie, anders als Söder das im Bierzelt darstelle, gar keine Zwangsveganisierung und auch keinen Genderzwang. Doch das geht an der Sache vorbei. Söder hat etwas verstanden, was früher zumindest auch die SPD wusste: dass sich die Bürger emotional behaust fühlen müssen. Gendern ist sicher nicht das größte aller Probleme, aber viele Leute stören sich daran und denken: Lasst es doch einfach, wenn es eine Mehrheit nicht will. Denen gibt Söder seine starke Stimme.