Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Donnerstagabend ein „unbarmherziges Vorgehen“ gegen antisemitische Straftäter und andere Hassprediger angekündigt. In einer Fernsehansprache, die auf allen Sendern übertragen wurde, appellierte der Präsident mehrfach an seine Landsleute, angesichts des „blinden tödlichen Hasses“ von „absoluter Grausamkeit“ in Nahost geeint zu bleiben. „Wir teilen die Trauer Israels“, sagte der Staatschef. 13 Franzosen haben bei den Terrorattacken in Israel ihr Leben verloren, „so viele wie seit dem Terroranschlag in Nizza nicht mehr“, sagte Macron. Er verglich das Massaker an den Teilnehmern der Rave Party in der Wüste mit dem Terroranschlag auf den Konzertsaal Bataclan in Paris. Frankreich fühle mit Israel.
17 Franzosen sind weiterhin vermisst, darunter vier Kinder, die sich mutmaßlich in der Gewalt der Hamas befinden. Die Eltern eines 12 Jahre alten Jungen und die eines 13 Jahre alten Mädchens appellierten an den Präsidenten, alles zu tun, um ihre Kinder zu retten. „Frankreich unternimmt alles, damit sie wohlbehalten zurückkehren“, sagte Macron. Zuvor hatte er im Elysée-Palast die Vorsitzenden aller im Parlament vertretenden Parteien empfangen. Laut Informationen der Agentur AFP soll er ihnen anvertraut haben, dass die Verhandlungen mit den Geiselnehmern begonnen hätten.
„Rechtfertigung des Terrorismus“
Macron sprach sich für Solidarität „ohne ein Ja aber“ aus. Er prangerte den „Fehler“ derjenigen an, die das Anliegen der Palästinenser mit einer „Rechtfertigung des Terrorismus“ verwechselten. Insbesondere in der auf der Linken dominanten Partei La France Insoumise hatten sich in den vergangenen Tagen die Rechtfertigungsversuche gehäuft. So weigerte sich etwa der wiederholte Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon (22 Prozent der Stimmen 2022), von Terrorismus zu sprechen und die Angriffe der Hamas zu verurteilen. Macron sagte, Israel habe das Recht sich zu verteidigen. Er forderte aber, dass die Zivilbevölkerung verschont werde. „Das ist die Pflicht der Demokratien“, sagte Macron. Seine Fernsehansprache war geprägt von der Sorge, dass Stellvertreterkonflikte in Frankreich ausbrechen könnten. Mehrere Male appellierte er an die Einheit der Nation und sicherte den jüdischen Mitbürgern zu, dass sie geschützt würden. 10.000 Polizisten seien mobilisiert, zudem würden Soldaten jüdische Einrichtungen und Synagogen schützen.
In einer Umfrage des Instituts Elabe zeigten sich 85 Prozent der Franzosen überzeugt, dass der Konflikt in Nahost das Risiko berge, Spannungen in Frankreich zu verschärfen. Innenminister Gérard Darmanin sprach von mehr als hundert antisemitischen Taten seit Samstag. 24 Menschen seien in Polizeigewahrsam genommen worden. Auf der Internet-Plattform Pharos, auf der diskriminierende Inhalte angezeigt werden können, habe es seitdem 2000 Meldungen gegeben, sagte Darmanin.
In Frankreich lebt die größte jüdische Gemeinde Europas, die etwa eine halbe Million Menschen zählt. Etwa zehn Prozent der etwa 68 Millionen Franzosen sind muslimisch. Der Innenminister kündigte an, dass die Organisation “Palestine vaincra” (Palästina wird gewinnen) aufgelöst werde. Ausländischen Tätern antisemitischer Straftaten sollen systematisch ihre Aufenthaltstitel entzogen werden, heißt es in einem Rundschreiben des Innenministers an die Präfekten. Ihre Ausweisung müsse unverzüglich umgesetzt werden. Propalästinensische Demonstrationen seien bis auf weiteres verboten, weil sie Störungen der öffentlichen Ordnung verursachen können. Wie auch Deutschland organisiert Frankreich Sonderflüge für rückreisewillige Franzosen aus Israel. Zugleich wurden in einer Sondermaschine aus Paris am Donnerstag aber auch Reservisten nach Tel Aviv geflogen. Die Piloten von Air France hatten sich freiwillig gemeldet. Am Donnerstagabend sollte der erste Sonderflug aus Israel in Paris eintreffen. Weitere Flüge seien für Freitag und Samstag geplant, teilte das Außenministerium mit.