Eigentlich, dachte man sich, als etwa eine Stunde des sogenannten Kanzler-Duells zwischen dem Amtsinhaber und seinem einzigen aussichtsreichen Herausforderer vorbei war, eigentlich passen die beiden Männer ganz gut zueinander. Sie könnten (nach den Maßstäben der Politik) bestimmt vertrauensvoll zusammenarbeiten. Sie haben bei allen Unterschieden ähnliche Stärken (Detailkenntnis auf verschiedenen Politikfeldern, die sie gern mit Zahlen belegen), und sie haben ähnliche Schwächen (vor allem den Mangel an Charisma) – beides Eigenschaften, die hierzulande von einer überwältigenden Mehrheit des Wahlvolks goutiert werden.
Sogenannte TV-Duelle sind deshalb gerade in Deutschland mit widersprüchlichen Vorstellungen verbunden. Das ist einerseits die Hoffnung auf Unterhaltung, die in der Konfrontation liegt, und andererseits die im internationalen Vergleich immer noch weit verbreitete Erwartung auf eine zivilisierte Form respektvollen Austausches.
ARD und ZDF hatten den Kandidaten passend dazu eine große und nüchtern möblierte Bühne bereitet. Eigenartig nur, dass die Regie die beiden Duellanten so nahe nebeneinander an ihren Stehpulten platziert hatte, dass sie ihren Kopf um beinahe 90 Grad drehen mussten, um dem anderen im Moment der Konfrontation in die Augen zu schauen – eine Übung, die beiden offenbar ohnehin schwerfällt. Und so blickten sie, während sie den jeweils anderen in betont deutlicher Diktion ansprachen, lieber die beiden Moderatorinnen an, als ginge es darum, diese zu überzeugen, gewissermaßen als Stellvertreterinnen des Wahlvolkes.
Kein Pathosfeuerwerk
Den Auftakt zur Debatte bildete erwartungsgemäß der migrationspolitische Vorstoß der CDU im Bundestag in der vorvergangenen Woche, bei dem sie die Zustimmung der AfD in Kauf genommen hatte. Scholz durfte pflichtschuldig seiner Sorge Ausdruck verleihen, dass die CDU nach der Wahl mit der AfD zusammengehen könnte, was Merz unaufgeregt zurückwies. Er wiederholte den Vorwurf vom Wort- und Tabubruch, aber es fehlte die letzte Schärfe. Welche rhetorischen Raketen hätte Pathosfeuerwerker Robert Habeck an dieser Stelle in den Fernsehstudiohimmel steigen lassen, wird sich mancher Genosse vor dem Bildschirm gedacht haben. Scholz jedoch blieb sich treu.
Vielleicht auch, weil er damit rechnete, von Maischberger mit dem Ergebnis von Umfragen konfrontiert zu werden, wonach nicht nur eine Mehrheit der Bevölkerung, sondern auch der SPD-Mitglieder „bei Merz ist“. Der Kanzler scheint diese Zahlen auch zu kennen. Er habe in Sachen Migration klar und entschieden gehandelt, betonte Scholz jedenfalls. Und als Leistungsnachweis führte er an, die Zahl der Abschiebungen um 70 Prozent gesteigert zu haben, um dann mit der Ankündigung fortzufahren, dass der „taffe Kurs von mir fortgesetzt werden wird“, immerhin stünden dafür jetzt schärfere Gesetze zur Verfügung als jemals zuvor.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob Scholz mit diesen kernigen Ausführungen diejenigen, die die migrationspolitische Wende der Bundesregierung für Blendwerk halten, überzeugen konnte oder nicht eher jene, denen schon die verbale Aufrüstung zu viel ist, vor den Kopf gestoßen hat.
Jetzt ist auch Merz doof
Merz nutzte die Gelegenheit, um in die Offensive zu kommen, und zitierte genüsslich den Historiker und sozialdemokratischen Parteifreund von Scholz, Heinrich August Winkler, demzufolge man Asylbewerber jetzt schon an der Grenze zurückweisen könne, man müsse nur wollen. Scholz beharrte darauf, dass die von ihm durchgesetzten europäischen Regelungen ihre Wirkung schon noch entfalten würden; es wäre doof, wenn man das kurz vor Schluss zerschlage. Das Wort „doof“, das weiß niemand besser als Christian Lindner, markiert bei Scholz bekanntlich den Moment, in dem er wirklich unduldsam wird.
Hier zeigte sich in der Argumentation des Kanzlers ein Muster, das sich auch bei anderen Themen wiederholte. Fehler hat er nicht gemacht; wenn es für die Bürger dennoch Anlass zur Unzufriedenheit gibt, und daran mangelt es bekanntlich gerade nicht, dann liegt es an den Umständen. Die richtigen Maßnahmen zur Abhilfe sind im Übrigen schon getroffen, es braucht nur noch ein wenig Zeit, dann werden sie greifen, was weniger Begriffsstutzige jetzt schon bemerken könnten, wenn sie nur wollten. So etwa beim Klimageld, dessen Auszahlung sich wegen hoher technischer Hürden erheblich verzögert hat. Aber die seien jetzt genommen.
Scholz zitierte dann die „Financial Times“, die darauf hingewiesen habe, dass in Deutschland gute Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum bestünden. Mitunter drängte sich der Eindruck auf, hier ordne jemand schon seinen politischen Nachlass zu Amtszeiten, nach dem Motto: andere werden meine Ernte einfahren können.
Scholz locker, Merz ungeduldig
Die Defensive, in die ihn die Fragen der Moderatorinnen und die Angriffe von Merz brachten, ließ sich Olaf Scholz äußerlich nicht anmerken. Er wirkte für seine Verhältnisse vielmehr geradezu locker und redselig, und er schien sich im Studio deutlich wohler zu fühlen als Merz, der sich zwar durchaus um Freundlichkeit bemühte, dessen Mimik aber eine gewisse nervöse Verbissenheit erkennen ließ.
Was nach Erhebungen von Umfrageinstituten viele Zuschauer (vor allem weibliche) während der Sendung für Scholz eingenommen hat, könnte am Ende gleichwohl Merz in die Karten spielen. Er präsentierte sich als der ungeduldige und rhetorisch gewandte Anwalt derjenigen, die sich wegen der Krise nicht nur der Wirtschaft große Sorgen um die Zukunft des Landes machen. Dem Kanzler warf er mehrmals Weltfremdheit vor. Scholz dagegen kam nicht umhin, die Verantwortung des Amtsinhabers anzunehmen, der sein Wirken in den vergangenen drei Jahren zu rechtfertigen hat.
This distribution of roles was almost forgotten at the beginning of the election campaign in view of the CDU's clear advantage in all surveys, and even more since Scholz was only the head of a minority government. Merz occasionally acted like a Chancellor, while Scholz was increasingly gathering like an opposition politician.
Anyone who had hoped for the TV debate in which the topic of climate protection played practically no role had hoped for surprises. In the economic, financial, social, social, defense and foreign policy, the known points of view could be heard, remarkable at least how clearly Scholz tried to profile himself with regard to the citizens' allowance as supporters of the performance principle.
Merz shakes the debt brake
Otherwise there were only minor news. When asked about the precarious future of long -term care insurance, Scholz called for a frightening of solidarity between legal and private health insurers without explaining what could mean in detail. At the minimum wage, he showed very clearly that he would ensure an increase to 15 euros if the responsible commission does not do this on its own.
Merz, in turn, broke the door to a reform of the debt brake a little further. This will not come first, he said ambiguously. And he also gave a clear indication of which coalition partner he expects: He believes that the Social Democrats and the Greens – “in this order” – would see after the Bundestag election that they could no longer use the AfD as a tool so that they could not use a policy To block that a majority of people in Germany want.
Olaf Scholz will hardly want to be there at the fifth edition of the constellation, which was once known as a grand coalition. For others in his party, the way to an alliance under the leadership of the man who is said to open the gateway to hell will be significantly further. But they will take him.