Giorgia Meloni und Justizminister Carlo Nordio im September 2023 in Rom.
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Italiens Justiz ist langsam, das Volk misstraut ihr. Ob die Pläne der Regierung zur Einführung von Psychotests für Juraabsolventen Abhilfe schaffen?
In jüngsten Umfragen äußert weniger als ein Drittel der Italiener Vertrauen in die Justiz. Noch in den Neunzigerjahren hatten Staatsanwälte und Richter hohes Ansehen genossen: als heldenhafte Frontkämpfer zur Verteidigung der Demokratie gegen korrupte Politiker und skrupellose Mafiosi, die oft genug unter einer Decke steckten. Neun von zehn Italienern äußerten seinerzeit großes Vertrauen in die Justiz. 2010 waren es immerhin noch zwei Drittel.
Als wichtigster Grund für das weiter schwindende Vertrauen in die Justiz wird in den Umfragen die zu lange Dauer der Gerichtsverfahren genannt, gefolgt vom politischen Aktivismus vieler Strafverfolger. Strafprozesse dauern in Italien durchschnittlich fünf Jahre bis zu einem Urteil in dritter Instanz, zivilrechtliche Prozesse gut sieben Jahre. Wer in Italien viel Geld und gute Anwälte hatte, kommt oft um eine Strafe herum, weil die betreffenden Delikte bis zum Prozessende verjähren. Auf der anderen Seite verlaufen als große Spektakel angelegte Verfahren gegen Personen des öffentlichen Lebens oft im Sand, weil sie zwar vom persönlichen Ehrgeiz der Strafverfolger befeuert werden, aber nicht durch eine solide Beweislage unterfüttert sind.