Hohe Zinsen, teure Energie und ein schwacher Export lähmen die deutsche Wirtschaft. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet deshalb in diesem Jahr mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um bis zu 0,5 Prozent, wie aus dem nun veröffentlichten Konjunkturbericht hervorgeht.
Aufgrund ihres hohen Fokus auf die Weltmärkte und ihrer hohen Exportquote leide die deutsche Wirtschaft überdurchschnittlich unter den geoökonomischen Schocks wie dem Ukrainekrieg und den Spannungen im Verhältnis zu China, betonten die Wissenschaftler. Mit ihrem im internationalen Vergleich hohen Industrieanteil und der Bedeutung energieintensiver Industrien bekomme sie zudem die bestehenden Versorgungsrisiken und Kostenschocks stärker zu spüren als andere Länder. Gleichzeitig leide die Inlandsnachfrage unter der hohen Inflation. Der private Konsum werde zur Konjunkturbremse.
Die Wirtschaftsleistung werde deshalb zum Jahresende 2023 gerade einmal auf dem Niveau von Ende 2019 liegen, prognostizierten die IW-Experten. Für das 3. und 4. Quartal 2023 rechnen sie mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung.
Mehr Arbeitslose erwartet
Die Konjunkturflaute strahlt auch auf den Arbeitsmarkt aus. Im Jahresschnitt 2023 erwartet das arbeitgebernahe Institut 2,58 Millionen Arbeitslose, 160 000 mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote steige damit auf gut 5,5 Prozent. Zwar seien keine größeren Entlassungen zu befürchten, aber Arbeitslose hätten zunehmend Schwierigkeiten, eine neue Beschäftigung zu finden. Die Inflationsrate dürfte nach Einschätzung der Experten 2023 mit 6,5 Prozent nur geringfügig unter dem Vorjahresniveau liegen. “Die beachtlichen Lohnzuwächse sowie Zulagen und Transfers wirken dem Kaufkraftverlust jedoch in hohem Maß entgegen”, betonte das Institut. Dadurch dürften die realen Konsumausgaben den Vorjahreswert nur um rund 1,25 Prozent unterschreiten.
Bei den Staatsfinanzen machen sich der Prognose zufolge zwei gegensätzliche Entwicklungen bemerkbar: Aufgrund der deutlich gedämpften Konjunkturaussichten dürften die Steuereinnahmen niedriger ausfallen als bisher prognostiziert, während der Staat auf der Ausgabenseite mit niedrigeren Kosten für die Strom- und Gaspreisbremsen rechnen könne. Das Staatsdefizit dürfte sich in diesem Jahr auf 97 Milliarden Euro oder knapp 2,5 Prozent der Wirtschaftskraft belaufen. Die Schuldenstandsquote wiederum werde sich bei 65 Prozent des BIP stabilisieren. “Die derzeitige Staatsverschuldung kann in Anbetracht der wirtschaftlichen Umstände als verkraftbar gesehen werden”, so das Fazit des IW.