So kann man für Olympia werben. Das Speerwerfen der Männer an diesem Donnerstag (20.25 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zu Olympia, in der ARD und bei Eurosport) werde „monumental“ werden, verspricht der Leichtathletik-Weltverband auf seiner Website: „Die großen Bestien kamen am Dienstag raus ins Stade de France und brüllten, und der Kampf um die Beute wird wild werden.“
Die vermeintlich wilden Tiere sind eine Handvoll Athleten, die einen freundschaftlichen Umgang pflegen und über die erstaunliche Fähigkeit verfügen, einen 800 Gramm schweren Kunststoffspeer mit immenser Kraft und zugleich viel Fingerspitzengefühl so in die Luft zu bringen, dass er achtzig Meter und weiter fliegt. In der Qualifikation am Dienstag übertrafen acht von ihnen 85 Meter.
Mit anderer Spannung im Wettkampf
Olympiasieger und Weltmeister Neeraj Chopra aus Indien kratzte mit 89,34 Meter an der Grenze von neunzig Meter, die seit 1986 lediglich 24 Speerwerfer übertroffen haben. Wie er gehört auch Julian Weber, der Medaillenkandidat aus Berlin, nicht zum Klub der 90-Meter-Werfer.
„In meinem Kopf habe ich die neunzig Meter schon geworfen“, sagt Weber mit einer Gelassenheit, die so gar nicht zu den Schreien und der Explosivität der Speerwerfer zu passen scheint. Im Training? „Im Training werfe ich nicht weit. Im Wettkampf habe ich eine andere Spannung.“ Es muss allerdings der richtige Wettkampf sein.
Als Weber, Europameister von München 2022, im Mai in Dessau bei seinem ersten Wettkampf des Jahres 88,37 Meter erreichte, machte er Schluss. Der Wurf fühle sich gut an, sagte er, „das nehme ich mit“. Aber neunzig Meter um ihrer selbst willen zu versuchen? „Das war für mich nicht relevant“, sagt er: „Paris ist die wichtigste Veranstaltung. Das wird mein Wettkampf.“
Die Statur eines Zehnkämpfers
Er wisse, was er könne, sagt der 29-Jährige. Weber hat sich der Bundeswehr verpflichtet, um professionell trainieren zu können. In der Jugend spielte er wie Zehnkämpfer Niklas Kaul Handball bei der SG Saulheim, startet wie Kaul bis heute für den USC Mainz, lebt in Berlin und trainiert am Olympiastützpunkt Potsdam.
Seine Statur ist, bei rund hundert Kilo Gewicht und 1,90 Meter Länge, die eines Zehnkämpfers. Doch Weber packt die Vielfalt von schnellem Anlauf, kraftvollem Stopp und mächtigem Abwurf in eine einzige Disziplin. Es sei nicht nur Glück, das im Speerwurf für Würfe von neunzig Meter aufwärts zusammenkommen müsse. Er könne die Weite auch mit einem nicht perfekten Wurf erreichen, ist er überzeugt.
Vierter von Tokio 2021 sowie der Weltmeisterschaften von Eugene und Budapest, ist Weber geworden, bei der Europameisterschaft von Rom im Juni Zweiter. Seitdem hat er trainiert. „Wenn es drauf ankommt“, sagt er, „will ich der Beste der Welt sein.“